Referendum für Parkplätze
Bürgerliche Gemeinderätinnen und -räte haben das Referendum gegen die neue Parkplatzverordnung der Airport City ergriffen. Ihr voraus ging eine lebhafte Debatte.
Das erhöhte Pult des Ratspräsidiums bot an der letzten Gemeinderatssitzung einen ungewohnten Anblick. Statt des Ratspräsidenten Dario Petrovic (FDP) sass in der Mitte Patrick Rouiller (Mitte). «Präsident Dario Petrovic ist krank, das erste Vizepräsidium vakant (seit Rebeca Meier weggezogen ist, Anm. d. Red.) «und die zweite Vizepräsidentin Tanja Glanzmann in den Ferien», erklärte Rouiller seine Anwesenheit dort oben. Das amtsälteste Mitglied des Parlamentes kommt jeweils auch in der konstituierenden Sitzung des Rates zum Zug, wenn noch gar kein Präsidium bestimmt ist. Am Montag führte Rouiller nun die Wahl der Tagespräsidentin für diese eine Sitzung durch – eigentlich eine Formsache.
Aber nicht diesmal: Vorgeschlagen war mit Helen Oertli von den Grünen die erste Stimmenzählerin. Sie würde damit turnusgemäss im Frühling zweite Vizepräsidentin und war am Montag – nach dem «Ausfall» aller vor ihr Platzierten fürs Tagespräsidium. Doch die Bürgerlichen witterten dahinter den Versuch der Linken, in einem umstrittenen Geschäft die Oberhand zu behalten: bei der Parkplatzverordnung für die Airport City. Denn bei einem Patt in der Abstimmung würde die (linke) Präsidentin den Stichentscheid fällen können.
So ist auch zu erklären, warum die Interfraktionelle Konferenz (IFK), welche aus den sieben Fraktionsvorsitzenden besteht und solche internen Personalfragen vorab klärt, sich nur knapp mit 4 zu 3 Stimmen für die gemäss der Rangfolge schlüssige Kandidatur durchringen konnte. Bürgerliche Gemeinderäte stellten sich hingegen auf den Standpunkt, das Tagespräsident/-in müsste jemand aus der FDP sein, welche dieses Jahr den Ratspräsidenten stellt. Dennoch wurde Oertli dann bei einer Enthaltung von allen anwesenden Ratsmitgliedern gewählt.
Input von aussen
Und der Widerstand gegen die umstrittene Parkplatzverordnung (kurz PPV) ging sogleich weiter: Die SVP stellte den Antrag, das Geschäft gleich ganz von der Traktandenliste zu streichen, wegen «Bedenken aus der Bevölkerung», wie Urban Husi ausführte. «Unsere Fraktion behält sich vor, eine Aufsichtsbeschwerde gegen eine allfällige Annahme einzureichen», sagte Husi, der wie Oertli auch als Stimmenzähler amtet. Er wollte mehr Zeit, um die kurzfristig aufgetauchten Bedenken zu prüfen.
Damit meinte Husi ein Schreiben des Quartiervereins Glattbrugg, das rund zwei Stunden vor der Sitzung an die Ratsmitglieder und auch die Lokalmedien verschickt worden war. Darin bezeichnet Vereinspräsident Richi Muffler, der mit seiner Familie seit 30 Jahren an der Neugutstrasse wohnt und inzwischen mehrere Mehrfamilienhäuser besitzt, die Vorlage als «Schlag ins Gesicht der Bewohnerinnen und Bewohner von Glattbrugg». Dem Mail des Quartiervereins Glattbrugg, der sich seit 10 Jahren für konkrete Quartieranliegen einsetzt, lag auch gleich die angedrohte Aufsichtsbeschwerde an den Bezirksrat bei. Der frühere Gemeinderat Muffler betont allerdings, dass die Parkplatzzahl für ihn als Hauseigentümer weniger eine Rolle spiele.
Jeremi Graf (SP) hingegen kritisierte als Präsident der vorberatenden Planungskommission (Plako) diese Einflussnahme kurz vor der Sitzung. «Wir sollten uns nicht unter Druck setzen lassen, denn wir haben unsere Arbeit wie immer seriös gemacht.» Bei der Abstimmung, ob das Geschäft nun vertagt werden sollte, sprachen sich 14 Ratsmitglieder dafür aus und 17 dagegen.
Maurer: Richtplan ist entscheidend
Der zuständige Stadtrat Bruno Maurer holte aus und berichtete, dass bereits 2017 das kantonale Amt für Raumentwicklung auf die Anrainergemeinden Rümlang, Opfikon, Kloten und Zürich zugekommen sei. «An den ersten Sitzungen waren noch die Regierungsräte Stocker und Kägi (beide SVP, Anm. d. Red.) dabei», versuchte Maurer die Bedenken gegen ein angeblich linkes Ansinnen zu zerstreuen. «Der Kanton befürchtete zu viel Mehrverkehr, wenn die noch freien Grundstücke nach der geltenden Regelbauweise überbaut würden.» Deshalb habe man die Planung zusammen mit dem Kanton erarbeitet und dabei Transportsysteme, Freiräume, Gewerbe- und Industriegebiet und deren Erschliessung berücksichtigt. Konkret nannte er die Bikeline (das Projekt für eine schnelle Veloverbindung zum Flughafen), Ausbau und bessere Erschliessung des Bahnhofes Balsberg und die Doppelspur mit Viertelstundentakt in Opfikon (beides im Bau) und Glattbrugg (bereits realisiert). «Die PPV ist eine weitere Massnahme aus diesem Strauss mit dem Ziel, den Verkehr mittels Reduktion der Parkplätze zu steuern.» Andere Möglichkeiten wie spezielle Zufahrtsvignetten seien in der Schweiz unüblich. Und bereits mehrere Bauprojekte seien nach den seit 1. Januar 2025 geltenden neuen Regeln realisiert worden. Diese seien zweimal vom Kanton geprüft worden und stützten sich auf den kantonalen Richtplan ab. Um etwas zu ändern, müsste der Gemeinderat jetzt die Airport-City-PPV zurückweisen («Wir sind offen dafür») und mit einem anderen Vorschlag beim Kanton vorstellig werden, «denn der Kanton schreibt keine PPV, er prüft nur, was wir einreichen». Alternativ könnte Opfikon eine Änderung des kantonalen Richtplans verlangen. «Wir helfen euch gern, einen Brief an die Kantonsräte zu verfassen, um dort Einfluss zu nehmen», bot Bruno Maurer den Gegnern an.
Ein Lob aus Bern für den hohen ÖV-Anteil in einer Agglomeration relativierte Maurer hingegen: «Dort sind nur die Zupendler berücksichtigt. Wer sich innerhalb Opfikons bewegt oder wegpendelt, wurde nicht gezählt.»
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