Cargo sous terrain hat bei den Gemeinden so keine Chance
Der Kanton hatte die betroffenen Gemeinden zur Stellungnahme zum unterirdischen Transportsystem von Härkingen im Kanton Solothurn zum Flughafen eingeladen. Deren Beurteilung ist vernichtend ausgefallen.
Ein Gütertransportsystem, bei dem die Waren automatisch durch Tunnel fahren, klingt angesichts verstopfter Strassen und milliardenteurer Autobahnausbauten verlockend. Cargo sous terrain, finanziert ohne öffentliche Gelder von vielen grossen Schweizer Firmen aus fast ebenso vielen Sparten, soll dieses bauen. Doch die betroffenen Zürcher Gemeinden, allen voran Kloten und Opfikon, wo das östliche Ende des Tunnels läge, lassen kaum ein gutes Haar an den Plänen.
Opfikon: Mehrverkehr inakzeptabel
Der Opfiker Stadtrat stört sich vor allem daran, wie verwirrend die umfangreichen Dokumente seien, «inkonsistent» und «teilweise nicht auf dem aktuellen Stand». Beispielsweise werde im Verkehrsbericht vom Hub Zürich-Nord gesprochen, wobei es sich gemäss Sachplan jedoch um den Hub Opfikon handelt. Und: «Der Perimeter für den Hub Zürich Flughafen ist im Sachplan für den unterirdischen Güterverkehr falsch dargestellt», schreibt der Opfiker Stadtrat etwa in seiner Stellungnahme. «Er zeigt den Perimeter für den alten Nebenhub. Zum Zeitpunkt, als dieser definiert wurde, stand der Hub Opfikon noch gar nicht zur Diskussion.» Für Opfikon sei daher nicht nachvollziehbar, weshalb im Sachplan zwei Hubs beantragt werden. Zudem sei der Hub Flughafen beim Tor 140 gemäss CST gar nicht gewünscht und gelte allenfalls als Rückfallebene – was aus den Dokumenten nicht hervorgehe.
Nicht berücksichtigt hätten die Planer zudem, dass im Oberhau in unmittelbarer Nähe zu den beiden Hub-Perimetern neue Parkhäuser für den Flughafen geplant werden und gleichzeitig die CST-Anbindung des Flughafens erfolgen soll.
Dass die Ausgestaltung der Hubs nicht im Sachplan, sondern erst auf Stufe Richtplan vorgenommen werden soll, ist aus Opfiker Sicht mit grossen Risiken verbunden. Vor allem werde die Verkehrserschliessung des Opfiker Hubs gar nicht im Sachplan erwähnt, obwohl es als vorläufiger Endpunkt der Stammstrecke eine Sonderrolle einnehme, da bis zum Weiterbau sämtlicher Verkehr aus dem Ostteil hierher rollen würde.
«Bis 2030 wird auf der Rohrstrasse sowie auf der Birchstrasse mit einer Zunahme des Schwerverkehrs um 29 beziehungsweise 36 Prozent aufgrund von CST gerechnet», moniert der Opfiker Stadtrat. Im Objektblatt werde aber nur das Vorgehen bei den Nationalstrassenanschlüssen erwähnt und dass verkehrliche Überprüfungen nötig seien. Dabei seien gerade diese auf Bundesebene zu regeln.
Ohne neuen Autobahnanschluss oder eine Erweiterung des bestehenden würde viel zusätzlicher Verkehr auf kantonalen und kommunalen Strassen durch Opfikon rollen, weshalb dem Sachplan nicht zugestimmt werden könne und ein Autobahnanschluss «zwingend» sei – und zwar möglichst in beide Richtungen.
Kloten: Mehrkosten zulasten CST
Auch der Stadtrat von Kloten findet, dem Sachplan könne in der vorliegenden Form nicht zugestimmt werden: «Zu wenig ausgereift und in massgeblichen Punkten nicht mit anderen Grossprojekten und dem Sachplan Infrastruktur der Luftfahrt abgestimmt.» Klotens Fazit: «Eine abschliessende Beurteilung ist deshalb schlicht nicht möglich.» Auch die Flughafenstadt bemängelt, dass die Unterlagen zur Grundsatzfrage betreffend genügenden Strassenkapazitäten zu wenig Fakten und Prognosen enthielten. In der Folge seien die Planungen der Hubs Flughafen und Opfikon noch nicht ausgereift genug, um festgesetzt zu werden; sie könnten allenfalls als «Zwischenergebnis» gelten.
Ganz allgemein findet die Klotener Exekutive, dass es nicht sinnvoll sei, wenn ein zusätzliches Verkehrssystem seine Eintrittspforte für Jahrzehnte mitten in der hoch belasteten Region Glattal baue. Besser wären Standorte an Autobahnen, etwa östlich von Winterthur.
Genau wie Opfikon (und mit der Nachbarstadt abgesprochen) verlangt Kloten eine Aktualisierung der Angaben und Daten, Verkehrsgutachten, welche alle relevanten Umstände berücksichtigten (etwa die Feinverteilung, genannt City-Logistik, Zahlen zu den zusätzlichen Fahrten über die Einfahrt Glattbrugg sowie das geplante Parkhaus Oberhau) und im Speziellen eine unterirdische Erschliessung beider Hubs über die Autobahn, um die bestehenden Strassen nicht noch mehr zu belasten. Auch die Lager- und Umschlaganlagen sollen unterirdisch sein, wie im direkten Austausch mit den Verantwortlichen so vorgestellt.
Zudem will Kloten Klarheit, welche Inhalte im Sachplan (Bund) , welche im Richtplan, welche im Plangenehmigungsverfahren (beide Kanton) und welche auf Gemeindeebene (der örtlichen Bau- und Zonenordnung) geregelt werden. Und nicht zuletzt will Kloten die Zusage, dass Mehrkosten, nicht nur im Bereich Verkehr, von der CST zu tragen sind.
RZU: Gesetz allein genügt nicht
Die Kritik ging aber auch über die beiden Gemeinden – die ja durchaus Partei sein können – hinaus: Auch der Planungsdachverband Region Zürich und Umgebung, kurz RZU, fand keinen Gefallen an den Plänen: «Technologisch interessant», aber fraglich, ob dessen Nutzen die Eingriffe ins Verkehrssystem (Autobahn) und ins Grundwasser sowie die Auswirkungen der Hubstandorte rechtfertigt. Zudem werde der zusätzliche Ressourceneinsatz beim Bau der Tunnel und Hubs nicht angemessen in die Überlegungen einbezogen – und das sei im Hinblick auf das gesetzlich vorgeschriebene Netto-Null-Ziel bis 2050 nicht nachvollziehbar.
Das 1. August 2021 in Kraft getretene Gesetz über den unterirdischen Gütertransport zeige «aus Sicht der RZU zwar das Interesse des Gesetzgebers an der Weiterverfolgung des Projektes ‹CST›, nimmt jedoch nicht die notwendige Abwägung vorweg». Für die RZU ist im Übrigen nicht wirklich belegt, dass der Güterverkehr auf den Strassen des Siedlungsgebietes substanziell abnimmt. Zudem stellt sie infrage, dass das System, welches für 20 Prozent mehr Güter einen weiteren Hub braucht, auch in Zukunft ausreichend flexibel ist.
Erstaunt ist die RZU, dass Cargo sous terrain die erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung UVP selbst und ohne Einbezug von Dritten vorgenommen hat. Die Regionalplaner fragen sich deshalb, wie unabhängig diese Prüfung vonstatten ging.
Konkret fordert die RZU, dass die Wirksamkeit und Notwendigkeit des Projektes samt Ressourcen beurteilt wird, dass sämtliche Betroffenen umfassend einbezogen und informiert werden, sie ihre Interessen wahren können und keine zusätzlichen Kosten tragen müssen. Zudem soll schon beim Sach- und beim Richtplanverfahren genügend Zeit für Prüfungen eingeräumt werden. «Dieser Schritt darf nicht auf das Plangenehmigungsverfahren verschoben werden.» Zudem soll ein Controlling zeigen, ob die Citylogistik funktioniert – und wenn nicht, die Umsetzung stoppen.
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