Lärmtelefon: nette Geste oder Alibiübung?

Daniel Jaggi

Wie viele sich vom Zürich Openair in der Nachtruhe belästigt fühlten, ist nicht klar, denn das Lärmtelefon betrieb der Veranstalter selbst – und der gibt keine genaueren Auskünfte.

87 000 Musikfans strömten an den beiden Wochenenden nach Rümlang. Das letzte grosse Schweizer Open Air dieses Sommers stand an. US-Weltstars wie Rita Ora und Post Malone sowie Schweizer Musikgrössen wie Lo & Leduc brachten die Menge zum Toben. Während die Fans feierten, blickte der Stadtrat Kloten we­niger begeistert auf das Geschehen: Der Lärm bis tief in die Nacht sorgte schon im Vorfeld für Kritik. Der Stadtrat hatte gefordert, die Belastung «auf ein Minimum zu reduzieren». Auch gegenüber der Gemeinde Rümlang brachte Kloten seine Bedenken ein. «Die Stadt Kloten hat sich im Vorfeld – leider erfolglos – für eine Einschränkung der Bewilligung eingesetzt, da auch aus unserer Stadt regelmässig Lärmklagen wegen dieses Anlasses eingehen», schreibt Lilian Navia, Mitarbeiterin Kommunikation, auf Anfrage.

Rund 30 Anrufe pro Tag

Der «Klotener Anzeiger» wollte im Nachgang zum Festival wissen, wie viele Anrufe beim extra eingerichteten Lärm­telefon eingegangen sind. In einer ersten Stellungnahme vor zwei Wochen war wenig Konkretes zu erfahren. «Wir haben eine verschwindend kleine Anzahl an Feedbacks zu diesem Thema erhalten, nehmen sie jedoch ernst, überprüfen und beantworten jede», erklärte Alina Käser, Marketing-Managerin beim Zürich Openair. Auf Nachfrage letzte Woche schreibt Käser: «Wie erwähnt ist die Anzahl sehr klein. Wir sprechen von zirka 30 Anrufen pro Tag über alle Be­hörden und uns, wobei Mehrfachanrufe hier nicht berücksichtigt sind.» Konkreteres ist nicht zu erfahren. Aus welchen Gemeinden die Anrufe kamen, kann Käser nicht sagen, ebenso sagt sie nichts zu den weiteren Anrufen, die angeblich nicht den Lärm zum Inhalt hatten.

Nicht unabhängig

Nichts Konkreteres ich auch von der Kantonspolizei zu erfahren. «Bei uns gingen während der vier Konzertabende rund drei bis vier Dutzend Meldungen, also zwischen 40 und 50 Anrufe, betreffend Lärm ein», sagt Florian Frei. Ob sie alle mit dem Lärm des Zürich Openair im Zusammenhang gestanden seien, könne aber nicht zweifelsfrei gesagt werden.

Klar ist: Unabhängig war das Lärmtelefon nicht. Die Anrufe wurden ja vom Veranstalter, also vom Lärmverursacher selbst, entgegengenommen(siehe Kommentar). Diese Einschätzung teilt auch René Huber. Der Klotener SVP-Stadtpräsident spricht gar von einer «reinen Alibiübung». «Im kommenden Jahr würde ich das nicht mehr publizieren.» Er meint damit den Hinweis zum Lärmtelefon, der auf der Website der Stadt Kloten stand. «Es hat dazu geführt, dass einige Personen fälschlicherweise gedacht haben, das werde von der Stadt Kloten betrieben.» Nach seinen Angaben gingen bei der Stadt Kloten sehr viele ­Reklamationen ein: «am ersten Wochenende aufgrund der Windverhältnisse vorwiegend aus dem Raum Furttal-Limmattal, am zweiten Wochenende dann vor allem aus Kloten.» Aufgrund des Standortes und des publizierten Lärmtelefons hätten viele Leute gedacht, der Anlass finde auf dem Gebiet der Stadt Kloten statt und die Bewilligung sei durch sie ­erteilt worden. Und was sagt der Veranstalter zum Vorwurf der fehlenden Unabhängigkeit des Lärmtelefons? «Wir bieten dies aus Freundlichkeit an, dass wir erreichbar sind», sagt Käser. Und sie ergänzt: «Natürlich darf man sich aber auch jederzeit an die Behörden wenden, die unabhängig sind.»

Kloten sucht erneut das Gespräch

Einen solchen Schritt plant Kloten. Nach Hubers Angaben will man mit der Gemeinde Rümlang als Bewilligungsbehörde nochmals das Gespräch suchen. Grosse Hoffnungen auf eine restriktivere Bewilligungspraxis für die kommenden Jahre hat er aber nicht. Dennoch hat Huber für den «Warnschuss» des Stadtrates im Vorfeld des Festivals viel Lob erhalten. «Gebracht hat er allerdings nichts, da sämtliche Bewilligungen bereits erteilt waren und die Stadt Kloten kein Mitbestimmungsrecht hatte», so der Stadtpräsident weiter.

Und daran dürfte sich auch in Zukunft nichts ändern.

Gwunderbrunnen

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