Zwei Bäume nicht mehr schützenswert, zwei andere schon
Genau wie für historische Gebäude gibt es auch für markante Bäume ein Inventar. Nach Provokationsverfahren wurden kürzlich zwei Bäume unter Schutz gestellt. Einer steht möglicherweise einem Bauprojekt im Weg.
Dass die Fristen für die Behandlung von Baugesuchen lange dauern, wissen alle, die schon mal eines eingereicht haben – egal, ob auf Papier oder in Zukunft digital. Denn es wird jeweils von verschiedenen Fachleuten geprüft – etwa auf Rechtskonformität, auf Brandschutz, auf Umweltverträglichkeit. Und weil gerade in Opfikon das meiste Land bereits überbaut ist, tangieren neue Bauprojekte oft bestehende Gebäude oder auch Naturobjekte.
Für diese besteht auch in Opfikon seit 1989 ein Natur- und Landschaftsschutzinventar. Es wurde 1993 und 2021 überarbeitet. «Wenn ein Baum in diesem Inventar steht, heisst das nicht automatisch, dass er geschützt ist», erläutert Lorenz Fränzl, Bereichsleiter Tiefbau und Unterhalt bei der Stadt Opfikon. «Es soll nur verhindern, dass ein möglicherweise schützenswerter Baum unwissentlich gefällt wird.» Denn ähnlich wie bei Denkmalpflegeobjekten stehen darauf definitiv geschützte, aber auch sogenannte «Verdachtsobjekte». Deren Schutzwürdigkeit wird jeweils überprüft, wenn in der Nähe gebaut wird.
Im Zuge dessen will der Stadtrat mit Beschluss vom 16. Januar zwei Bäume aus dem Inventar entlassen: Die Birke sowie der Birnbaum stehen oder vielmehr standen beim Kindergarten an der Dorfstrasse 27. Der Birnbaum wurde aus Sicherheitsgründen bereits gefällt. Die Birke gilt aufgrund fortschreitender Fäulnis sowie der absterbenden Krone ebenfalls als Sicherheitsrisiko.
Baum vor «Künzli» muss bleiben
In zwei anderen Fällen findet der Stadtrat, die Bäume würden das Ortsbild prägen und seien deshalb schutzwürdig: Einer davon ist die grosse Buche an der Ecke von Müllacker- und Glatthofstrasse. Sie überragt die älteren Mehrfamilienhäuser nebenan deutlich und erhält mit dem im Bau befindlichen Schulhaus Bubenholz eine neue Nachbarschaft. Weitere Bauten sind hier derzeit nicht geplant. Ihr Schutz dürfte denn auch keine grossen Wellen schlagen.
Anders vielleicht beim zweiten neuen Schutzobjekt: Der Silberahorn an der Schaffhauserstrasse 46, wo sich bis 2021 die Bäckerei/Konditorei Künzli befand. Hier deutet ein Baugespann darauf hin, dass das Gebäude dereinst wohl abgerissen werden soll und der Baum dabei im Weg steht. Mit dem Entscheid des Stadtrates, der noch nicht rechtskräftig ist, müsste das Bauprojekt jedoch entsprechend angepasst werden. «Dabei muss nicht nur der Baum, sondern auch der Wurzelraum geschont werden», so Lorenz Fränzl, Bereichsleiter Tiefbau und Unterhalt bei der Stadt Opfikon. «Denn ohne intakte Wurzeln stünde der Baum nicht mehr lange.»
Auch andernorts Schutzwürdiges
Der Schutz stützt sich auf Paragraf 203 des Planungs- und Baugesetzes (PBG). Die Hausbesitzer, welche schriftlich über die Absicht des Stadtrates informiert worden seien, hätten die Möglichkeit, dagegen zu rekurrieren, wie Lorenz Fränzl weiter erläutert. Wird der Schutz jedoch bestätigt, müssen sie Pflege und Unterhalt sicherstellen. Falls sie dies nicht können oder wollen, können sie bei der Stadt entsprechende Unterstützung beantragen – was aber in der Regel durch Absperrungen und andere Hilfestellungen des Unterhaltsdienstes geschehe, wie Lorenz Fränzl ausführt. «Wir haben vor einiger Zeit in einem anderen Fall einen solchen Antrag bekommen und Hilfe offeriert, aber diese wurde am Schluss nicht benötigt.»
Gemäss Planungs- und Baugesetz gelten unter anderem wertvolle Park- und Gartenanlagen, Bäume, Baumbestände, Feldgehölze und Hecken als Schutzobjekte. «Staat, Gemeinden (...), haben in ihrer Tätigkeit dafür zu sorgen, dass Schutzobjekte geschont und, wo das öffentliche Interesse an diesen überwiegt, ungeschmälert erhalten bleiben», heisst es dort. Sprechen die Argumente gegen den Erhalt des Objekts, zum Beispiel Fäulnis, Pilzbefall oder Bedeutungslosigkeit, wird das Objekt aus dem Inventar entlassen.
Auch an der Riethof-, der Walliseller- und der Rietgrabenstrasse sowie der Mühlegasse stehen einzelne Bäume, die möglicherweise geschützt werden sollten oder die es bereits sind. In der Schulanlage Halden, beim Mövenpick-Personalhaus (das derzeit auch als Unterkunft für Asylsuchende genutzt wird) und vor allem entlang der Talackerstrasse sind es ganze Baumgruppen oder -reihen, welche das Ortsbild prägen – und nebenbei an heissen Sommertagen auch praktischen Schatten spenden. Etwas, das man gerade in der Nachbarstadt Zürich zu schätzen beginnt.