Wümmet zwischen Schauern
Über eine Tonne Trauben hat die Rebberggenossenschaft Opfikon vergangene Woche geerntet. Darunter sind erstmals auch namhafte Mengen der vielversprechenden neuen Sorten.
«Kennt ihr den Unterschied zwischen Tafel- und Weintrauben?», fragte Werner Brunner die Helferinnen und Helfer, welche eben von den Früchten genascht hatten, welche über der Pergola im Opfiker Rebberg wachsen. Erstere seien süsser, so die häufigste Antwort, ist falsch: «Der Zuckergehalt liegt meist unter 80 Öchslegrad», weiss Rebmeister Brunner. Süsser scheinen die Beeren nur deshalb, weil sie weniger Säure enthielten. «Diese Säure braucht es aber für Wein», so Brunner weiter. Denn der Wein entstehe erst zwischen Dezember und März beim Keltern des Traubensaftes, wenn der Zucker zu Alkohol vergärt, der Wein filtriert und danach die Säuren abgebaut werden – und so die Aromen entstehen.
Um für diesen Prozess das optimale Ausgangsprodukt zu liefern, waren am Freitagmorgen ein gutes Dutzend Mitglieder der Rebbergenossenschaft Opfikon (RGO) angetreten, bewehrt mit Kesseln und Reb- oder Gartenscheren. Das Wetterglück war dabei kein Zufall: Brunner hatte absichtlich und für RGO-Verhältnisse kurzfristig zum Wümmet zwischen zwei angesagten Regentagen geladen. «Die Erfahrung zeigt, dass die Trauben nach Niederschlägen aufplatzen können», so der erfahrene Rebbauer, der auch privat einen Weinberg pflegt.
460 Kilo von den neuen weissen Trauben
Doch die Trauben der verschiedenen Sorten waren an jenem Freitag von guter Qualität und Reife, erkennbar an den bräunlichen statt grünen Kernen darin. Insgesamt wurden von den neuen weissen Trauben 460 Kilo geerntet (Vorjahr: 60), davon knapp 200 Kilo Muscaris sowie je 130 Kilo Divona und Souvignier gris (die eher rosa aussehen). Diese Neuzüchtungen sind gegenüber Pilzen besonders widerstandsfähig (sogenannte Piwi-Sorten) und brauchen entsprechend weniger Spritzmittel – was sowohl Umwelt als auch Geldbeutel schont. Souvignier gris, Divona und Muscaris sollen zusammen eine neue Cuvée «Opfiker Weiss» bilden.
Auch der Regent (für Roséwein), bis vor vier Jahren die einzige Art im Opfiker Rebberg, ist eine solche Piwi-Züchtung, allerdings eine frühere und nicht ganz so robuste. Davon wurden vorerst 625 Kilo geerntet (2023: total 950 Kilo), der Rest (rund 300 Kilo) folgt in etwa 14 Tagen. «Eine erste Kältewelle tut dem späteren Barrique (Lagerung im Eichenfass, Anm. d. Red.) gut», begründet Brunner den Aufschub. «Dann lagert die Pflanze noch einmal reichlich Zucker in die Beeren ein.»
Gemessen wird dieser Zuckergehalt in Öchslegraden. Beim Regent waren es heuer 89, bei den neuen Trauben sogar durchschnittlich 96 Öchsle. Viele Öchsle sind aber nicht das Einzige, was zählt. «Wichtig ist auch die Reife der Früchte», so Werner Brunner. Und die ist dank den sonnigen Tagen im August sowie Anfang und Mitte September gegeben.
Schädling aus Ostafrika
Hagel gab es dieses Jahr kaum, und auch der Schädlingsbefall war überschaubar: Die Kirschessigfliege, welche jeweils viele Beeren ansticht und Eier ablegt, worauf aus dem Fruchtzucker Essig wird, war kaum aufgetreten. Dafür fand Werner Brunner vermehrt die Grüne Reiswanze. Bereits in den 1970ern aus Ostafrika eingeschleppt, sticht sie heute weltweit Früchte, Samen, Blätter, Sprossen und Triebe an. Der Schaden hält sich aber in Grenzen.