Wie wird Biodiversität geregelt?

Roger Suter

Die Grünen haben vom Stadtrat 2023 ein Leitbild zur Biodiversität gewünscht. Dieses wurde Ende August 2024 vorgelegt. Allerdings haben die beiden Seiten darunter nicht ganz dasselbe verstanden.

Mit der Kommunikation ist das so eine Sache: Manchmal wird das Gesagte oder Geschriebene nicht so verstanden, wie es gemeint war. Das ist auch in der Politik nicht anders. Die Grünen wollten vom Stadtrat ein «Leitbild Biodiversität im Siedlungsraum», weil die Vielfalt in der Natur die Basis unseres Lebens darstelle: Nahrung, sauberes Waser und Luft, Energie, aber auch Baustoffe und Medi­kamente. «Ein vielfältiges Ökosystem schützt vor Naturkatastrophen, trägt dazu bei, den Klimawandel zu bremsen, und bietet wichtigen Erholungsraum», schreiben die Grünen in der Begründung. Gerade in städtischen Gebieten wie Opfikon könnten Siedlungen Ersatz für ver­lorene artenreiche Äcker und Streuobstwiesen bieten, indem Gärten, Park- und Friedhofsanlagen, Bäume, Brachen, Böschungen entlang von Strassen und Schienen, Wasserflächen, begrünte Flachdächer, Fassaden und Mauerritzen ein Mosaik von Lebensräumen bieten könnten. Die Grünen verlangten abteilungsübergreifende Ziele und Visionen, Massnahmen, Verantwortlichkeiten sowie, dass die Bevölkerung eingebunden wird, etwa mit Beratungen und Fördermassnahmen.

Der Stadtrat nahm den Auftrag ent­gegen und listete in seiner Antwort Ende August seine Massnahmen und Eckpunkte zur Biodiversität auf: Sie reichen von Wildblumenwiesen, «Insektenhotels» und Biodiversitätsflächen am Katzenbach und im Glattpark über das Inventar von Gebäudebrütern wie etwa Mauerseglern, Turmfalken oder Eulen bis zu kostenloser Beratung von Bauherrschaften zu diesem und weiteren Themen.

Wie der zuständige Stadtrat Jörg Mäder (NIO@GLP) ausführte, sei der «Umwelt- und Naturschutz zwischen den ­Häusern gerade in einer kompakten Gemeinde wie Opfikon» wichtig, da man nicht «ein ganzes Eigental zur Verfügung» habe. Biodiversität werde in den Verwaltungsabteilungen so weit wie möglich gelebt, aber ein «Überbau», der Grundsätze festlegt, habe tatsächlich gefehlt – und diesen habe der Stadtrat mit seiner Postulatsantwort geliefert.

Grüne wollen mehr Verbindliches

Damit waren die Grünen aber nicht zufrieden. Helen Oertli bedankte sich für die Beantwortung des Postulats, bemängelte aber die «oberste Flughöhe» des Stadtrates, in dessen Leitbild fassbare Massnahmen, Prioritäten und Ziele, die überprüfbar sind, fehlten. Es bestehe eine Diskrepanz zwischen dem Leitbild, den Aktivitäten und der Praxis. «Ausserdem wäre es schön, die unterschiedlichen Begrifflichkeiten früher zu klären.» Deshalb bäten sie den Stadtrat um einen Ergänzungsbericht.

Darin wollte ihr Parteikollege David Sichau unter anderem lesen, wie und wo genau der Stadtrat das Bundesziel von 15 Prozent Biodiversitätsflächen erreichen (und wie er dies messen) will. Denn: «Mit den Ausnahmen und Einschränkungen im Leitbild bleiben kaum mehr Flächen übrig.» Auch möchte Sichau, dass Neophyten auch auf bestehenden Flächen aktiv bekämpft werden und nicht nur Lebensraum für seltene Arten geschaffen wird, sondern auch für solche, die bereits ganz aus Opfikon verschwunden sind.

Das revidierte Planungs- und Bau­gesetz des Kantons («klimaangepasste Siedlungsentwicklung»), das voraussichtlich auf den 1. Januar 2025 in Kraft trete, schaffe neue Möglichkeiten, ökologische Qualität einzufordern. Auch dies müsse ins Leitbild einfliessen.

Die Mehrheit des Rates (21 gegen 13 Stimmen wollte aber keinen Ergänzungsbericht und schrieb das Postulat als erledigt ab.

30 Stellen mehr bis 2029

Mehr Einigkeit herrschte beim Thema Stellenbedarf der Stadtverwaltung: Der Stadtrat beantragte für die nächsten 5 Jahre 19,3 zusätzliche Stellen, für die ­Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde Kesb) 5,7 und für die Fachstelle Erwachsenenschutz (Fes) 5 Stellen. Derzeit arbeiten rund 420 Personen in der gesamten Verwaltung.

Stefan Laux (EVP), Sprecher der Geschäftsprüfungskommission (GPK), hielt fest, dass die Sache mit dem Stellenbedarf nicht ganz einfach ist: Im Gegensatz zur letzten Stellendach-Erhöhung vom November 2020 (24,9 Stellen mehr bis 2024) bestimmt nun die Schulpflege über die Anzahl Stellen in diesem Bereich und nicht mehr der Gemeinderat.

Eine Expertise der Firma Federas lag zwar vor (wobei der Stadtrat deren Zahl bereits nach unten korrigiert hat), doch es fehlte das Monitoring aus den letzten vier Jahren. So musste sich die GPK die tatsächlichen Zahlen aus den Geschäftsberichten zusammensuchen – welche immer Momentaufnahmen sind, was auch zu Diskussionen mit der Verwaltung und dem Stadtpräsidenten geführt habe, so Laux. Deshalb will die GPK künftig als Stichdatum den 31. Dezember festschreiben und das fehlende Reporting wieder einführen.

Stadtpräsident Roman Schmid (SVP) seinerseits erinnerte daran, dass der Stadtrat ein solches Reporting 2019 beantragt, die Mehrheit der damaligen GPK dieses aber wieder gestrichen hatte; auch der Gemeinderat war mit dieser Streichung einverstanden gewesen. Schmid betonte auch, dass Opfikon als Kreisgemeinde mit Aufgaben für den südlichen Bezirk Bülach (Kesb) betraut sei und auch deshalb mehr Stellen brauche. «Der Stadtrat will weiterhin haushälterisch mit Stellen umgehen», versprach Roman Schmid.

Genau das hatte auch GPK-Präsident Kevin Husi-Fiechter (SVP) gefordert: Angesichts der finanziellen Lage, die sich gemäss Budget 2025 verschlechtert, dürften neue Stellen «nur bei einen echten Mehrwert» geschaffen werden. «Das Stellendach ist eine Maximalzahl, eine Richtschnur.»

Der Rat genehmigte schliesslich die Stellenaufstockungen genauso wie das Reporting einstimmig.

 

Von Sitzungsgeldern und Velowegweisern

Zu zwei Vorstössen muss der Stadtrat bis zur Sitzung im Dezember Stellung nehmen. Beide stammen aus der Feder von David Sichau (Grüne). Der erste wurde von 17 Ratsmitgliedern fast aller Parteien unterzeichnet und befasst sich mit dem Thema Sitzungsgeld. Die GPK habe bei der Prüfung der Geschäftsberichte in den letzten Jahren festgestellt, dass «die Interpretation, was eine entschädigungspflichtige Sitzung ist und was nicht, von Ressort zu Ressort sehr unterschiedlich gehandhabt wird». Auch für die GPK sei es im Nachhinein schwierig festzustellen, in welche Kategorie eine Sitzung falle. «Die heutige Regelung lässt viel Interpretationsspielraum zu.» Der Stadtrat soll dies in der Entschädigungsverordnung «nachvollziehbar und ohne Ermessensspielraum» regeln.

Im seinem zweiten Vorstoss, dem Postulat «Wegweisung für Veloverkehr», regen David Sichau und die Mitunterzeichnenden aus SP und GLP an, auch in Opfikon mehr Wegweiser speziell für Velofahrende aufzustellen. Insbesondere Ortsfremde würden auf dem vorhandenen Velonetz oft über stark befahrene Strassen statt optimale, verkehrssichere Routen fahren. Wie in Wallisellen oder Zürich könnten auch in Opfikon dunkelrote Schilder die Richtung zu wichtigen Orten wie Schwimmbad, Stadthaus oder Opfikerpark weisen. «Zurzeit sind nur die nationalen und ­kantonalen Velorouten signalisiert, nicht aber die Durchgangs- und lnnerortsrouten. Hier wäre mit wenig Mitteln viel für die Attraktivität des Velofahrens in Opfikon zu erreichen», begründet David Sichau im Rat seinen Vorstoss.