Unwetter

Vom Unwetter war in letzter Zeit viel die Rede. Aber genau genommen ist das Wort Unwetter ein unmögliches Wort.

Das Präfix «un» steht eigentlich für «nicht». Die Negation habe ich gerade beim Wort «unmöglich» angewendet. Unmöglich heisst nicht möglich. Wir sagen nur ungern jemandem, dass er unpünktlich, unkontrolliert oder gar unfair ist. Demnach wäre ein Unwetter gar kein Wetter.

Nur stimmt das nicht mit unserer Wahrnehmung überein. Denn gerade ein Unwetter macht sich sehr bemerkbar. Eigentlich haben wir ja immer ein Wetter, mal besser, mal schlechter. Je nach persönlichem Bedürfnis registrieren wir es. Bei einem Unwetter sind wir besonders der Natur ausgesetzt und müssen uns mit ihr auseinandersetzen. Also ist auch ein Unwetter ein Wetter.

Mir ist ein Denkfehler unterlaufen, wenn ich davon ausgehe, dass die Vorsilbe «un» nur eine Bedeutung hat. Sie hat sogar drei. Zunächst meint sie eine Negation, wie oben beschrieben. Sie kann aber auch etwas grundsätzlich Negatives bezeichnen. Da sind wir dann beim Wort Unwetter. Der Unmensch, die Untat und die Unkosten gehören zu dieser Gruppe. Und schliesslich kann «un» sogar das Gegenteil, also eine Verstärkung ausdrücken. Dafür fallen mir die Wörter Unsumme und Unmenge ein.

Nur eine kleine Silbe, nur zwei Buchstaben und trotzdem gleich drei Bedeutungen. Kein Wunder, wenn manche Texte un-deutlich ausfallen. Ich bin auch nicht sicher, ob ich gerade mit diesen Zeilen Ihren Un-mut hervorgerufen habe. Dann hätte ich un-gewollt ein metaphysisches Un-wetter ausgelöst.

«Aber genau genommen ist das Wort Unwetter ein unmögliches Wort.»

Friedjung Jüttner, Dr. phil., Psychotherapeut