So wird Opfikons Dreck behandelt

Brigitte Hunziker-Kempf *

Der Umbau der Kläranlage Kloten-Opfikon schreitet voran. Ein weiterer Meilenstein wurde kürzlich erreicht: Die neue Schlammbehandlung ist gebaut und ist seit Anfang des Jahres in Betrieb.

Das Herzstück der modernen Schlammbehandlung sind die zwei neuen Faultürme, jeweils mit einem Fassvolu-men von 3000 Kubikmetern oder rund 250 Lastwagenladungen. Die eiförmigen Kuben wurden von Grund auf neu erbaut und stehen nun versteckt hinter einer silbrigen Fassade, die an eine historisch anmutende Flughafenhalle erinnert. In den Türmen vergärt der Klärschlamm aus der Vorreinigungs- und der biologischen Stufe der Abwasserreinigung. Täglich werden 120 Kubikmeter Schlamm vom Biologiegebäude in die Türme gepumpt. In ihnen herrscht eine Temperatur von 37 Grad. Dies ist die optimale Wärme für die Bakterien, welche die organischen Stoffe im Schlamm stetig abbauen. In diesem Prozess entsteht Klärgas, bestehend aus brennbarem Methan und Kohlendioxid. Natürlich sind die zwei Faultürme absolut sicher, gasdicht und mittels einer 25 Zentimeter dicken Schaumglasschicht isoliert. Auch kontrollieren moderne Messgeräte das Innenleben der Türme. «Ja, wir sind uns dessen bewusst, dass die Entstehung und das Vorhandensein von Gas nicht ungefährlich sind», sagt Michael Kasper, Betriebsleiter auf der ARA.

Faultürme gibt es auf der Kläranlage in Glattbrugg schon seit ihren Anfängen. 1963 wurde der erste Faulturm gebaut und 30 Jahre später durch einen Neubau ersetzt. Der Turm war bis 2023 in Betrieb und hatte ein Volumen von 2700 Kubikmetern. Auf nur einen Faulturm zu setzen, ist jedoch unsicher. Was ist, wenn das komplexe Innenleben des Turms kollabiert? Das Volumen ausgeschöpft ist?

Türme heizen sich selber

Dank der zwei neu entstandenen Faultürme ist die Schlammbehandlung stets gesichert, und gleichzeitig wird eine längere Aufenthaltszeit des Schlamms erreicht. «Der Schlamm befindet sich nun statt 20 Tage rund 50 Tage in den Faultürmen. Dies bedeutet eine optimale Ausfaulung und somit eine höhere Gasproduktion», erläutert Kasper weiter. Mit dem Gas werden zwei Blockheizkraftwerke betrieben, die rund 50 Prozent des Strombedarfs der ARA abdecken. Mit der Wärmerückgewinnung aus den Abgasen der Blockheizkraftwerke wird Warmwasser produziert, das unter anderem zur Beheizung der Faultürme dient. Und der ausgefaulte Schlamm wird in der Entwässerungsanlage – wie es der Name sagt – entwässert, und das Material wird im Klärwerk Werdhölzli in Zürich verbrannt. Künftig soll aus der Asche auch der wertvolle Phosphor zurückgewonnen werden. Und was geschieht mit dem vorherigen Faulturm? Er wird zukünftig als Schlammstapel benutzt, wo der ausgefaulte Schlamm bis zur Entwässerung zwischengespeichert wird.

Den neuen Vorschriften anpassen

Auch weitere Teilbereiche der alten Schlammbehandlung bleiben auf der Kläranlage Kloten-Opfikon erhalten und werden in die neue Anlage integriert. Die Verbindung zwischen älteren und modernen Anlagebereichen und -bauten war für alle Beteiligten aber eine grosse Herausforderung. Neue Vorschriften, Leitungen, Maschinen, elektrische Installationen und Steuerungen mussten miteinander verknüpft und angepasst werden. Nun ist die beeindruckende Schlammbehandlung in Betrieb. Kasper: «Wir sind mit der Inbetriebnahme sehr zufrieden. Natürlich gibt es einige ‹Kinderkrankheiten›, die noch zu beheben sind. Alle Beteiligten haben eine wirklich tolle Leistung vollbracht.»

Noch ist der Umbau der Kläranlage nicht abgeschlossen. Es seien alle Gebäude und Becken gebaut. Die Biologiebecken 3 und 4 sowie die 4. Stufe (Mikroverunreinigungsstufe) würden zurzeit parallel ausgerüstet und sollten im Spätsommer in Betrieb gehen, so Kasper, der anfügt: «Über den Biologiebecken wird anschliessend noch eine Fotovoltaikanlage erstellt. Ab Herbst starten wir dann mit den Umgebungsarbeiten und der Gestaltung der Grünflächen.» Geplant ist, dass die neue Kläranlage im Spätsommer 2025 eingeweiht werden kann.

* Brigitte Hunziker-Kempf berichtet  im Auftrag der AKO über die Erweiterung der Kläranlage.

Ausbau der ARA Kloten-Opfikon dauert acht Jahre

Der Startschuss zum Ausbau der Abwasserreinigungsanlage Kloten-Opfikon erfolgte 2017. Bis heute sind 80 Prozent der Arbeiten realisiert. Bauende ist voraussichtlich Mitte 2025. Nachfolgend ein Überblick über die einzelnen Bauschritte.

• 2019: Die mechanische Vorreinigung geht in Betrieb.

• 2020: Das neue Biologiegebäude mit Trafostation und Hauptschaltwarte wird in Betrieb genommen.

• Juli 2021: Der erste Biologiereaktor mit dem Nereda-Verfahren geht in Betrieb.

• Juni 2022: Auf den Flachdächern werden Photovoltaikanlagen erstellt. Damit können rund 4 Prozent des Strombedarfs der ARA gedeckt werden.

• September 2022: Das neue Personalgebäude mit Büros, Garderoben, Werkstatt und Lagerräume wird in Betrieb genommen.

• Dezember 2022: Fertigstellung des Rohbaus der neuen Schlammbehandlung mit zwei neuen Faultürmen.

• Januar 2023: Start Innenausbau Schlammbehandlung.

• Herbst 2023: Geplante Inbetriebnahme der Schlammbehandlung.

• Sommer 2024: Die beiden Biologie-Reaktoren drei und vier werden in Betrieb genommen.

• Herbst 2024: Bau der Photovoltaikanlage (Solarfaltdach) über den Biologiebecken. Damit können 20 Prozent des Strombedarfs gedeckt werden.

Frühjahr 2025: Umgebungs- und Abschlussarbeiten.

• Spätherbst 2025: Einweihung.

30 Jahre lang in Betrieb: Blick in den alten Faulturm vor seiner Sanierung.

Einer der beiden neuen Faultürme im Rohbau. Rechts davon der alte Faulturm, der neu als Stapelbehälter genutzt wird.