Schutzverband senkt Mitgliederbeiträge
Der Schutzverband der Bevölkerung um den Flughafen Zürich, kurz SBFZ, hat kein sehr erfolgreiches Jahr hinter sich: Das zurückhaltende Engagement gegen den Pistenausbau fruchtete nicht, und er musste Austritte verkraften.
33 Delegierte besuchten die erste von jährlich zwei Versammlungen des Schutzverbands der Bevölkerung um den Flughafen Zürich, kurz SBFZ. Angesichts der 48 Gemeinden mit je zwei Mitgliedern (Städte wie Opfikon, Kloten oder Bülach sogar 3) ist dies ein bescheidener Aufmarsch. Allerdings gab es – im Gegensatz zum vergangenen Jahr – auch wenig Brisantes zu beschliessen: Die Abstimmung über die Pistenverlängerungen hat man verloren, und in den nächsten Monaten ist für die Flughafenregion kein Urnengang von ähnlicher Tragweite zu erwarten. Mangels anstehender politischer Entscheidungen in Flughafenfragen – der SBFZ hatte sich wie schon 2021 beschlossen nicht an vorderster Front gegen die Pistenverlängerungen engagiert – blieben auch die Aufwendungen für rechtliche Abklärungen, die Vorstandsarbeit sowie Inserate unter den Erwartungen, wie Geschäftsführer Robert Bänziger anhand der Rechnung 2023 erläuterte.
Beim Budget 2024 wurde beschlossen, dass die Mitgliederbeiträge, jeweils für zwei Jahre festgelegt, leicht gesenkt werden: Gemeinden mit mehr als 10 000 Einwohnerinnen und Einwohnern, etwa Opfikon und Kloten, sollen neu 8000 Franken pro Jahr bezahlen (statt 9000 wie bisher); Gemeinden mit zwischen 5000 und 10 000 Menschen bezahlen 3000 Franken (statt 3500) und solche mit weniger als 5000 Einwohnern neu 30 statt 40 Rappen pro Einwohnerin oder Einwohner. Für Kollektivmitglieder sinkt der Beitrag von 250 auf 200 Franken pro Jahr. Im Budget sind diese neuen Einkünfte bereits berücksichtigt.
Austritte: «Gefährlich»
In seinem Jahresbericht beschrieb SBFZ-Präsident Roger Götz den Abstimmungskampf dennoch als aufreibend und als Zerreissprobe für den Verband. «Die Interessen der Städte und Gemeinde waren aufgrund ihrer geografischen Lage sehr unterschiedlich.» Er konterte ausserdem Kritik – unter anderem von Opfiker Bürgerlichen, welche aufgrund des SBFZ-Engagements einen Austritt forderten («Stadt-Anzeiger» vom 7. Juli): «Die Gelder, die vom Schutzverband in die Nein-Kampagne flossen, stammen aus dem Jahr 2011. Dieses Geld blieb damals aus dem Abstimmungskampf übrig. Der Schutzverband verwaltete es seit damals mit klarem Auftrag: Falls wieder einmal eine Abstimmung zum Thema Pistenverlängerung kommen sollte, sei dieses Geld zu verwenden.»
Leider seien nun doch vereinzelte Gemeinden ausgetreten oder hätten einen möglichen Austritt angekündigt. «Diese Entwicklung bedauere ich sehr und finde sie auch gefährlich», sagte Götz. Der Schutzverband habe sich seit seiner Gründung vor bald 60 Jahren immer professionell und sehr ambitioniert für die Bevölkerung rund um den Flughafen Zürich eingesetzt. «Egal ob man im Süden, Norden, Osten oder Westen zu Hause ist: Der Schutzverband ist eine Behördenorganisation, der es gelungen ist, sich Respekt zu verschaffen», bei den Exekutiven der Gemeinden und Städte, die immer wieder den Schutzverband um Rat und Unterstützung anfragten, andererseits auch als regelmässiger Gesprächspartner der Zürcher Regierung und der Flughafen Zürich AG. «Selbst der Bundesrat hört sich die Anliegen des Schutzverbands an.» Die Wachstumsstrategie und die Gewinnoptimierungen der Flughafen Zürich AG seien für ihn als Unternehmer (Götz führt in Höri ein Elektroinstallationsgeschäft und ist dort Gemeindepräsident für die SVP) verständlich, doch für den Betrieb eines Flughafens gebe es klare gesetzliche Rahmenbedingungen, die einzuhalten seien. «Gerade in unserer kleinräumigen Schweiz ist das Wachstum begrenzt. Doch wer schaut kritisch hin und hinterfragt? Wie die Vergangenheit zeigt, sicherlich nicht unsere Volkswirtschaftsdirektorin.» Trotz der wirtschaftlichen Bedeutung gebe es auch andere Aspekte zu berücksichtigen, so etwa die Wohn- und Lebensqualität. «Dies sind wir als Politikerinnen und Politiker unserer Bevölkerung in unseren Gemeinden und Städten schuldig. Wir brauchen auch gute Steuerzahler und Steuerzahlerinnen, die gerne hier in diesen Regionen leben.»
Nachtflugverbot bereits unter Druck
Aufhorchen liess ihn der jüngste Politikbrief, den der Flughafen Zürich regelmässig verschickt. Aufgrund des deutlichen Jas zu den Pistenverlängerungen nehme der Flughafen bereits andere Hemmnisse ins Visier und moniere, Zürich habe die kürzesten Betriebszeiten im Vergleich mit anderen europäischen Flughäfen. Nur mit konkurrenzfähigen Betriebszeiten könne auch künftig die Anbindung der Schweiz an die Welt sichergestellt werden. Hier sei man sich in der Vergangenheit überall im Kanton und darüber hinaus einig gewesen: «Die Nachtruhe soll eingehalten werden.» Gemeinsam müsse man die Rahmenbedingungen so gestalten, dass ein wirtschaftlich gesunder und attraktiver Flughafen in Zürich betrieben werden könne, ohne den Schutz und die Anliegen der Bevölkerung ausser Acht zu lassen.
Lärm ist ziemlich kompliziert
Um diese Anliegen ging es auch im anschliessenden Referat. Dr. Jean-Marc Wunderli, ehemaliger Vorsitzender der Eidgenössischen Kommission für Lärmbekämpfung und heute Leiter der Abteilung Akustik/Lärmminderung der Empa, erläuterte, wie Lärm wissenschaftlich gemessen und berechnet wird. Wichtig zu wissen sei, dass für die Gesetzgebung lediglich Berechnungen relevant seien. Messungen zeigten aber, dass die Berechnungsmodelle stimmen.
In der Schweiz, welche den Lärmbegriff enger auslege als etwa die Welt gesundheitsorganisation WHO, sei der teils unbewusste Stress durch in erster Linie Strassenlärm Ursache für jährlich 500 Herzinfarkte und 2500 Diabetesfälle – gerade in der Nacht: «Denn das Gehör schläft auch im Tiefschlaf nie. Evolutionsbedingt muss das Gehirn dann bei jedem Geräusch entscheiden, ob es eine Gefahr und deshalb ein Grund zum Aufwachen gibt. Über Jahrzehnte hat das auch medizinische Folgen.»
Deshalb sehe das Gesetz auch Sanierungsmassnahmen vor. Als konzessionierter Betrieb habe der Flughafen diesbezüglich aber eine Sonderstellung. Am effizientesten sei dabei die Lärmreduktion an der Quelle: So sein ein startender Airbus A320 Neo rund 3 Dezibel leiser als sein Vorgänger (10 Dezibel weniger empfindet das menschliche Ohr als etwa halb so laut). «Technologisch hat sich einiges getan», findet Wunderli. Allerdings werde vieles durch mehr Flugbewegungen wieder kompensiert.