Opfikon erweitert das « Mövenhaus»
Im ehemaligen Personalhaus des Hotels Mövenpick kann die Stadt 28 zusätzliche Zimmer für jeweils 2 bis 4 Personen mieten und so Platz schaffen für die angekündigten zusätzlichen Asylsuchenden. Aber auch das Betreuungsangebot wird ausgebaut.
Es ist eine der letzten grösseren freien Flächen in Glattbrugg, erschlossen durch die Walter-Mittelholzer-Strasse und verkehrstechnisch gut gelegen zwischen Schaffhauser- und Flughofstrasse. Hier stehen ein Hotel, ein Parkplatz und ein Wohngebäude, dessen gedeckten Eingangsbereich etliche Briefkästen auf der einen und einige Velos auf der anderen Seite säumen. Im Treppenhaus des vierstöckigen Hauses riecht es nach Waschmittel. Auf den Fluren und in einigen Zimmern im zweiten Stock stehen Lattenroste und allerlei andere Teile neuer Möbel, die noch darauf warten, zusammengebaut zu werden.
Mit dem «Mövenhaus» hat Opfikon grosses Glück: Schon im Sommer vergangenen Jahres konnte die Stadt im Erd- und im ersten Obergeschoss 54 Wohneinheiten mieten («Stadt-Anzeiger» vom 28. September 2023). Die Zimmer – einst für das Personal des benachbarten Hotels Mövenpick erstellt – verfügen jeweils über eine Kochnische mit Spülbecken und Zweiplattenherd, Einbauschränke, Kühlschrank mit Gefrierfach sowie WC und Badewanne. Die Stadt stattet die Räume jeweils mit neuen Betten und Matratzen aus und ersetzt schadhafte Einrichtungen wie Herdplatten durch baugleiche neue.
«Die Menschen, die oft ein schweres Schicksal haben, können sich hier zu Hause fühlen», so Heidi Kläusler, die fürs Soziale zuständige Stadträtin.
Gute Lösung für Opfikon
Derzeit ist die Abteilung Finanzen und Liegenschaften dabei, 28 weitere Zimmer herzurichten. Die Stadt hat mit der Besitzerin, der Immobilienfirma Priora, einen entsprechenden Vertrag bis 2028 abgeschlossen.
Der Deal löst für Opfikon ein Problem, mit dem die meisten anderen Gemeinden noch zu kämpfen haben: Sie müssen seit 1. Juli 3 Asylsuchende pro 1000 Einwohner zusätzlich aufnehmen. Angesichts des nach wie vor hohen Zustroms hat der Kanton Zürich die Aufnahmequote nämlich von 1,3 auf 1,6 Prozent erhöht. Für Opfikon bedeutet das 68 Personen mehr. Diese werden nun im «Mövenhaus» eine geeignete Bleibe finden.
Für die Ausstattung hat die Stadt einen Investitionskredit von 250 000 Franken gesprochen, für Betrieb und Betreuung sowie Teil-Hauswartung weitere 612 000. «Diesbezüglich erhalten wir Beitragszahlungen des Kantons in ähnlicher Höhe», so Thomas Mettler, Leiter der Abteilung Finanzen und Liegenschaften.
Die Zimmer mit Bad sind unterschiedlich gross. In der kleineren finden gut zwei bis drei Betten, zwei Schränke, ein Schreib- und ein kleiner Esstisch Platz. Die grösseren sind durch eine nicht ganz durchgehende Wand in zwei Halbzimmer unterteilt. Für Familien lässt sich hier ein Elternschlafraum und nebenan mit Kajütenbetten für bis zu vier Kinder ein Schlaf- und Esszimmer einrichten. Im Keller werden einige Betten und Möbel vorrätig gehalten, um auf Belegungsveränderungen rasch reagieren zu können. «Es ist ähnlich wie in einem Spital», findet Heidi Kläusler, die beruflich Pflegefachfrau ist: «Man weiss am Morgen nie, wie viele Betten man braucht.»
Sozialpädagogische Betreuung
Das Bett ist aber nur das eine. Dafür, dass sich die Menschen – manche von ihnen traumatisiert oder zumindest belastet von Krieg oder Flucht – zurechtfinden, sorgen seit Mitte November 2023 Elke Schneebeli und Elis Zollinger, Sozialpädagoginnen der Plattform Glattal. Sie bieten Betreuung, beantworten Fragen, erläutern etwa das Entsorgungssystem der Schweiz, setzen das Rauchverbot im Haus durch oder vermitteln bei Konflikten. Sie unterstützen aber auch jene, die wirtschaftlich auf eigenen Beinen stehen können und deshalb aus dieser Unterkunft ausziehen.
Mit der Plattform Glattal, einem Verein für soziale Angebote (etwa die Parklotsen im Opfikerpark), hat die Stadt Opfikon eine entsprechende zusätzliche Leistungsvereinbarung abgeschlossen. Die AOZ, welche im Auftrag der Stadt das gesamte Asyl- und Flüchtlingswesen der Stadt koordiniert und die Unterkünfte betreibt, betreut und begleitet die einzelnen Fälle im individuellen Unterstützungsprozess. Einmal im Monat gibt es deshalb ein Teamgespräch zur Koordination aller Beteiligten: Plattform Glattal, AOZ und Sozialabteilung der Stadt Opfikon. Mitte Juli ist eine dritte Person zum Team gestossen und hat das Kontingent von 180 Stellenprozenten vervollständigt. «Das stärkt einerseits das Team, wenn man Regeln zu zweit durchsetzen muss», begründet Heidi Kläusler den Stellenplan. Gerd Bolliger, Leiter der Opfiker Sozialabteilung, ergänzt: «Und es erlaubt, dass jeden Tag jemand anwesend ist – auch an einem warmen Sommerabend, wenn die Leute vermehrt draussen sind und vielleicht mal die Nachtruhe vergessen.»
«Es funktioniert gut»
Für Finanzchef Thomas Mettler, dessen Abteilung die Räume mietet, ist vor allem die zentrale Unterbringung ein Vorteil gegenüber einzelnen Wohnungen, die sonst über die ganze Stadt verteilt sind. «Und ich bin positiv überrascht, wie gut das mit den rund 100 Menschen funktioniert, die heute schon hier leben.» Damit das so bleibt, sorgt die Stadt wie erwähnt mit der Aufstockung der Betreuung vor. Härtere Massnahmen wären auch Umplatzierungen und Hausverbote, was in Fällen von «Wohnunfähigkeit» vereinzelt vorgekommen ist. «Diese Menschen werden an einem Ort mit betreutem Wohnen untergebracht», erläutert Gerd Bolliger. «Die Zimmer bieten etwas Privatsphäre», so Heidi Kläusler. Das helfe, Konflikten wegen der Enge vorzubeugen. «Damit sich die Menschen hier wohlfühlen, braucht es auch Ruhe und Ordnung.»
Ergänzt werden die Privatzimmer durch eine Gemeinschaftsküche auf jedem der drei Stockwerke. Hier stehen auch je zwei Backöfen und Kochherde sowie grosse Kühlschränke für jene Vorräte, welche in den kleinen in den Zimmern nicht Platz haben. «Hier werden zu Weihnachten aber auch gemeinsam mit den Betreuerinnen Guetzli gebacken», so Sozialpädagogin Elis Zollinger. Auch ein Weihnachtsbaum beim Eingang sorgt für Wohnlichkeit.
Treffpunkt im Garten
Zum Wohlbefinden und damit zur Konfliktprävention tragen aber nicht nur Wohnumfeld und Betreuung, sondern auch die Umgebung bei. Auf der von Bäumen beschatteten Südwestseite des lang gezogenen Gebäudes hat die Stadt einen grossen Sandkasten eingerichtet, den die rund 30 Kinder im Haus bereits begeistert eingeweiht haben. «Und in Kloten haben wir einen massiven Pingpongtisch aus Beton gratis abholen können und hier aufgestellt», so Finanzchef Thomas Mettler. Einige Sitzsteine komplettieren diesen «Garten», der von den Erdgeschoss-Zimmern direkt zugänglich ist. «Hier kann ich diese Menschen guten Gewissens wohnen lassen», so Stadträtin Heidi Kläusler.
Herkunft und Zahlen aus dem Asylbereich
Von den 385 betreuten Personen (Asylsuchende, vorläufig Aufgenommene, anerkannten Flüchtlinge und solchen mit Status S), die derzeit in Opfikon leben, kommen die meisten aus der Ukraine (132). 86 sind aus Syrien, 41 aus der Türkei, 36 aus Afghanistan, 28 aus Eritrea und 13 aus dem Irak.
Zum Kontingent von 279 Personen zählen derzeit 268 Personen, womit dieses mit 96% fast erfüllt ist. Ab 1. Juli 2024 beträgt das Kontingent neu 343 Personen resp. 1,6% der Bevölkerung.
Von links: Elis Zollinger, Elke Schneebeli, Heidi Kläusler, Mathias Zika, Gerd Bolliger und Thomas Mettler hinter dem Mövenhaus. Bilder Roger Suter
Die kleinen Wohneinheiten mit Bad und Kochnische sind für eine oder zwei Personen gedacht.
In der Gemeinschaftsküche gibt es grosse Kühlschränke.
Eine Familieneinheit mit zwei halbwegs getrennten Räumen.