Opfikon bleibt im Schutzverband – dank Stichentscheid des Präsidenten

Roger Suter

Der Gemeinderat hat es äusserst knapp abgelehnt, den Austritt aus dem Schutzverband der Bevölkerung um den Flughafen Zürich auch nur zu prüfen. Die FDP hatte dies verlangt, weil der SBFZ gegen die Pistenverlängerungen, Opfikon aber mehrheitlich dafür gewesen war.

An seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause hat das Opfiker Parlament ­einen wegweisenden Entscheid gefällt: Die Stadt bleibt im Schutzverband der Bevölkerung um den Flughafen Zürich. Die FDP wollte per Motion den Austritt, weil dieser gegen die Pistenverlängerungen gekämpft habe und «mit unseren Verbandsbeiträgen einen Abstimmungskampf geführt hat, welcher nicht die Interessen unserer ­Bevölkerung von Op­fikon vertritt», wie Björn Blaser namens der FDP ausführte. Der Opfiker Ja-Anteil zur Pistenverlängerung sei mit 67,5 Prozent der höchste aller Anrainergemeinden gewesen. «Ein Verband, in welchem wir als angrenzende Gemeinde an den Flughafen kein erhebliches Mitspracherecht haben und unserer Meinung nach nur ungenügend gehört werden.» FDP, SVP und Teile der Mitte würden sich lieber der Nachbargemeinde Wallisellen anschliessen, welche den Austritt bereits vollzogen hat, als sich von Gemeinden wie Turbenthal, Fislisbach und Mellikon eine Kampagne oder eine Verbandsmeinung aufzwingen zu lassen. «Allfällige Sorgen der Bevölkerung können wir direkt im Kantonsrat, bei der Volkswirtschaftsdirektion sowie beim Bazl platzieren.»

 

«Ein Verband, der mit unseren Beiträgen einen Abstimmungskampf geführt hat, welcher nicht die lnteressen unserer Bevölkerung vertritt.»

Björn Blaser, Gemeinderat FDP

 

Stadtrat Jörg Mäder – selber im zwölfköpfigen Vorstand des SBFZ – signalisierte Bereitschaft, die Motion entgegenzunehmen und in einem Bericht die Vor- und Nachteile aufzuzeigen.

Dritter Anlauf für Austritt

Die Ratslinke wollte hingegen die Motion gar nicht erst an den Stadtrat überweisen. Yuri Fierz führte namens der SP aus, dass der SBFZ vor 57 Jahren von besorgten Anwohnern gegründet worden und damit sogar 7 Jahre älter sei als dieses Parlament. Er habe sich aktiv für ­Begrenzung des Fluglärms engagiert, wovon auch Opfikon profitiere, weshalb die Stadt sich schon 1993 und 1997 gegen einen Austritt entschieden habe. «Die Themen des SBFZ sind brandaktuell», fand Fierz, und hätten sich mit dem verdichteten Bauen um den Flughafen und der CO2-Problematik noch verschärft. «Drin sein heisst nicht, gegen den Flughafen zu sein, sondern eine gute Symbiose von Wirtschaft und Ruhebedürfnis herzustellen.»

 

Wenn nun Motionär Björn Blaser eine einzige Abstimmung, wo es um Sicherheit gegangen sei, als Richtschnur nehme, sei dies falsch. «Es braucht eine unabhängige Instanz zur Überwachung des Flughafens, weil dies Kantonsrat, Bundesamt für Zivilluftfahrt und vor allem FDP-Regierungsrätin Carmen Walker Späh nicht tun könnten: Das wäre, als würde man den Metzgerverband mit dem Schutz der Tiere beauftragen.»

 

«Delegierte sollten die Gemeinderatsmeinung vertreten – die aber nie abgeholt wurde.»

Kevin Husi-Fiechter, Gemeinderat SVP

 

Lukas Müller fand namens der NIO@GLP, die Mitgliedschaft ergebe für Opfikon momentan Sinn, und regte an, aus der zwingenden Motion ein Postulat zu machen. «Der SBFZ hat bei den Pistenverlängerungen aus Opfiker Sicht zwar unglücklich agiert, seine Funktionen sind aber vielfältig», sagte Müller: «Er ist im Gegensatz zu Opfikon klageberechtigt und war vor der Abstimmung bei Verkehrsminister Albert Rösti; Opfikon allein hätte keine solche Stimme. Die Schallschutzhalle sei einer der Erfolge, und die Einsparung von 9000 Franken Mitgliederbeitrag pro Jahr sei im Haushalt von 200 Millionen keine nennenswerte Ersparnis.

Hol- oder Bringschuld?

Haci Sari, unter anderem SBFZ-Delegierter aus Opfikon, monierte, dass der Verband sich massvoll und konstruktiv für den Lärmschutz einsetze und die 43 Prozent Stimmbeteiligung keineswegs die Mehrheit der Opfiker darstellen würden.

 

«Das wäre, als würde man den Metzger­verband mit dem Schutz der Tiere beauftragen.»

Yuri Fierz, Gemeinderat SP

 

Helen Oertlli (Grüne Opfikon), die ­andere Opfiker Delegierte, hob die  beeindruckende Geschichte des Verbands hervor, der Fachwissen, politische Neutra­lität und Überregionalität biete. «Seine Haltung spiegelt diejenigen der Delegierten wider – aus Opfikon momentan eine Grüne und jemand aus der SP. Statt auszutreten, sollten die Bürgerlichen jemanden stellen und so Einfluss nehmen.»

Dort verwahrt man sich aber dagegen, beim Delegieren kein Interesse gehabt zu haben. Vielmehr habe man darauf verzichtet, weil die drei grossen Parteien FDP, SVP und SP traditionsgemäss schon die Kommissionspräsidien unter sich ausgemacht hätten. Dennoch fand SVP-Fraktionschef Kevin Husi-Fiechter, Delegierte sollten die Gemeinderatsmeinung vertreten, «die aber nie abgeholt wurde», worauf Helen Oertli entgegnete, dass dies – eine Bringschuld – auch die letzten 50 Jahre so gewesen sei.

 

«Die Behauptung, hier würden Gelder missbraucht, ist reiner Populismus.»

Thomas Wepf, Gemeinderat SP

 

Gemäss Thomas Wepf gehe der Flughafen für die SP und viele Opfiker eben nicht über alles, wie der «starke Nein-Stimmen-Anteil» zeige. Der FDP, die den Austritts-antrag nicht zum ersten Mal stelle, gehe es mit ihrem «Steckenpferd» nur um politische Profilierung: «Die 9000 Franken sind weniger als 50 Rappen pro Einwohner. Die Behauptung, hier würden Gelder missbraucht, ist reiner Populismus.» Gemäss dem SBFZ stammt das Geld auch gar nicht aus Jahresbeiträgen, sondern aus einem früheren Abstimmungskampf und sei sogar zweckgebunden für das Thema Pistenverlängerung.

Abstimmung mit Namensaufruf

Die Abstimmung – unter Namensaufruf  – fiel dabei denkbar knapp aus: 16 Ratsmitglieder waren dafür, die Motion zu überweisen, 16 dagegen. Somit bedurfte es ­eines Stichentscheides des Ratspräsidenten, Jeremi Graf – und dieser hatte zuvor schon Nein gestimmt.  Rolf Wehrli von der JBL SVP haderte danach mit anderen Bürgerlichen nicht nur damit, dass auf seiner Seite zwei Mitglieder fehlten, sondern auch damit, dass Graf als Pilot bei der Swiss keinen Austritt aus dem SBFZ wollte. «Ich finde, der SBFZ leistet gute Arbeit», begründete Graf nach der Sitzung seinen Entscheid. Der Verband sei als langjährige Behördenorganisation von Gemeinden rund um den Flughafen ein legitimer Ansprechpartner für alle Beteiligten, auch für den Flughafen selber und den Bund.