Opfikon besorgt Asylwesen künftig selbst

Roger Suter

Der Gemeinderat hat zugestimmt, dass Opfikon seine Asylsuchenden ab kommendem Jahr vollständig selber betreuen wird. Der Vertrag mit der AOZ wird nicht verlängert, dafür ein eigenes Team aufgebaut.

 

Wie viele andere Gemeinden hatte die Stadt Opfikon schon vor Jahren die Asyl-Organisation Zürich (AOZ) damit beauftragt, die der Stadt zugeteilten Asylsuchenden zu betreuen und deren Unterkunft zu betreiben. Die Büros der AOZ befinden sich in Schlieren, ihre Mitarbeitenden sind tage- oder halbtageweise in Opfikon.

Die damalige Überlegung war, dass sich die Stadt nicht selber um Schwankungen im Asyl- und Flüchtlingsbereich sorgen musste. Seit 2020 hat sich aber die Zahl der Asylsuchenden mehr als verdreifacht. Mit den gestiegenen Zuteilungen (ursprünglich 5, derzeit 16 Personen auf 1000 Einwohner) sei auch der Betreuungsbedarf stark gewachsen, so dass sich der Stadtrat fragte, ob es nicht sinnvoll wäre, Betreuung, Beratung und Unterbringung aus einer Hand innerhalb der Stadtverwaltung zu bieten. Ausserdem sei «auch die Sozialbehörde mit der Fallführung der AOZ nur mässig zufrieden», wie der Stadtrat ausführt.

Die Geschäftsprüfungskommission des Gemeinderates bejahte diese Frage nach mehreren Sitzungen einstimmig und einem umfangreichen Fragebogen. «Die GPK erachtet die Eingliederung des Asylwesens in das Sozialamt der Stadt Opfikon als positiv» und erhofft sich durch eine lokale Betreuung der Klienten eine bessere und schnellere Integration dieser Menschen.

Dazu bewilligte die Kommission 12,7 zusätzliche Stellen für den neuen Bereich Asyl- und Flüchtlingswesen innerhalb der Abteilung Soziales; eine Minderheit der Kommission wünschte lediglich 9. Zum Einrichten der Arbeitsplätze in zugemieteten Büros sind einmalig 380 000 Franken vorgesehen.  Die Betriebskosten sollen sich hingegen im Rahmen dessen bewegen, das man heute der AOZ bezahlt (rund 2 Millionen Franken). Den Betrieb der Asylunterkunft würde die Plattform Glattal übernehmen, welche bereits das  «Mövenhaus» betreut.

Für Stadtrat überwiegen Vorteile

Der Stadtrat verspricht sich von der Rücknahme der Fallbetreuung gleich mehrere positive Aspekte: eine verbesserte Qualität, direkten Einfluss auf Prozesse und Fallführung durch Sozialbehörde und Sozialabteilung, bessere Zusammenarbeit etwa mit der Liegenschaftenverwaltung und anderen städtischen Abteilungen, aber auch mit RAV, Schul- und Kirchgemeinden sowie externen Partnern und nicht zuletzt die Unabhängigkeit von ­einer der wenigen Anbieterinnen. Diese Vorzüge würden diejenigen der AOZ überwiegen, die da wären: Fachwissen, Flexibilität bei Quotenschwankungen und bereits bestehende Büros. «Mit den aktuellen Fallzahlen ist es möglich, ein professionelles Team im Bereich Asyl- und Flüchtlingswesen aufzubauen», findet der Stadtrat. Dazu soll bereits per 1. Juli 2025 eine Leitung gesucht werden, damit der Betrieb am 1. Januar 2026 anlaufen kann.

Im Parlament gab es denn auch keinerlei Opposition dagegen. Björn Blaser (FDP) fügte sogar noch einen weiteren Grund hinzu, den AOZ-Vertrag nicht zu verlängern: «Sie bevorzugt ihre eigenen Angebote. Dadurch fehlen in unseren Programmen, welche etwa die Plattform Glattal bietet – etwa bei den Parklotsen, der Klunkerei oder der Pischte.» Und auch die Stadt habe Arbeit, etwa die Logistik bei Veranstaltungen. Straff geführte Klienten würden gefordert und gefördert und könnten nach der Integration sogar dem Fachkräftemangel entgegenwirken, so FDP-Präsident Blaser.

Klotenerstrasse abgerechnet

Im Übrigen räumte der Rat am Montagabend ein paar alte (Ab-)Rechnungen auf: So diejenige der Klotenerstrasse, die mit rund 506  000 Franken nur 7400 Franken teurer wurde als geplant. Geschuldet ist dies der zusätzlichen Bepflanzung (46 000 Franken). Diese Hecken verhindern zwischendurch das Kreuzen und mahnen so  dazu, langsamer als die ausserorts erlaubten (und gemäss Kantonspolizei nicht senkbaren) 80 km/h zu fahren. Dadurch sei gut genutzter Fuss- und Radweg für Schulkinder sicher, wie Bauvorstand Bruno Maurer (SVP) ausführte. Auf der anderen Seite fiel die Beleuchtung um 37  000 Franken günstiger aus, weil sie gleichzeitig erneuert werden konnte.

Auch die Gesamtsanierung des Frei- und Hallenbades Bruggwiesen über knapp 29,2 Millionen Franken wurde abgerechnet. Sie wurde knapp 2,9 Millionen Franken teurer als geplant; vor allem, weil die Fliesen der Hallenbadbecken komplett ersetzt werden mussten, was den beauftragten Spezialisten hätte auffallen müssen, wie Allan Boss (SP) namens der RPK rügte. Die Differenz von knapp 11  Prozent liege aber immer noch in der Schätzungsgenauigkeit.

Ebenfalls genehmigt wurde ein Kredit von knapp 1,8 Millionen Franken für Opfiker Zugänge zum (dritten Opfiker) Bahnhof Balsberg, der für die Doppelspur nach Kloten umgebaut wird.

Arbeit für die nächste Sitzung

Erst an der nächsten Ratssitzung am 5.  Mai behandelt werden zwei Vorstösse der SP: Ceren Bingöls Interpellation verlangt etwa Auskunft darüber, wie gut Migranten und Ausländer in Opfikon integriert werden, welche Massnahmen und Strategien die Stadt dabei verfolgt und wie erfolgreich sie sind.

Thomas Wepfs Postulat regt an, dass die Stadt Möglichkeiten aufzeigt, wie die massenhaft leer stehenden Büroräume zu Wohnungen umfunktioniert werden können. «Die Leerwohnungsziffer beträgt in Opfikon gerade einmal 1,19 Prozent – zu tief für einen funktionierenden Wohnungsmarkt», so Wepf weiter. «Bewohnte Wohnungen generieren auch mehr Steuereinnahmen als leere Büros.» Da die Umnutzung nur in Mischzonen, nicht aber in Arbeitsplatzzonen möglich sei, sollten notwendige Umzonungen in die Bau- und Zonenordnung einfliessen, die derzeit überarbeitet wird. Der Stadtrat begründet an der nächsten Sitzung, ob er den Vorstoss entgegennehmen will.

Ganz zum Schluss verabschiedete der Rat mit Applaus Ueli Weidmann, der am Montag zum 91. und letzten Mal im Parlament sass. 2010 als Letzter auf der SVP-Liste gewählt, arbeitete er bis zuletzt in diversen Kommissionen mit, präsidierte den Rat 2017/2018 und wechselte 2022 in den Gemeindeverein. Die Tränen rollten zwar noch nicht, doch er habe hier eine schöne Zeit verbracht. «Euch wünsche ich, dass ihr die wichtigen Themen für Opfikon lösen könnt.»

 

Kleine Geplänkel erhalten die Spannung

Die Diskussion um den Inklusions-Check in der März-Debatte, angestossen von der SP, hallte am Montag noch einmal nach: Björn Blaser (FDP) brachte in einer persönlichen Erklärung sein Erstaunen zum Ausdruck, dass Ratskollegin Helen Oertli (Grüne) berichtet hatte, wegen eines Leidens, das langes Stehen verunmöglicht, an vielen Ratsaktivitäten nicht teilnehmen zu können. Er wollte von der Geschäftsleitung wissen, ob diese sich dieser «Exklusion bewusst» sei.

Ratspräsident Jeremi Graf (SP) fand es zwar schön, dass die Inklusion wieder Thema sei, aber auch spannend, dass «ein Gegner des Vorstosses mir vorwirft, zu wenig zu unternehmen». Gemäss der eben geänderten Sitzungseinladung könnten nun für Gäste mit einer Beeinträchtigung alle notwendigen Vorkehrungen getroffen werden. Ähnliches sei auch für weitere Aktivitäten geplant. «Und ich freue mich jederzeit über Inputs», so Graf.