Knobelspass mit Feuerwehrschlauch
Am Wochenende fand die alljährliche Schlussübung der Stützpunktfeuerwehr Opfikon statt. Sie ist Training und Spass zugleich. Mit zwei Feuerwehrmännern – einem Neuling und einem Erfahrenen – tauchen wir in die Welt der Feuerwehr ein.
Einmal pro Jahr treffen sich die freiwilligen Brandlöscherinnen und Brandlöscher der Opfiker Feuerwehr zur Schlussübung. Auch am letzten Samstag nahm ein Grossteil der 91 aktiven Feuerwehrleute am Anlass teil. Dazu gehören auch vier Jugendliche aus der Jugendfeuerwehr. Sie partizipieren an allen Feuerwehrübungen und sobald sie das 18. Lebensjahr vollenden, können sie zu Einsätzen abgerufen werden.
Gegen 13 Uhr werden die Feuerwehrleute im Depot an der Oberhausstrasse 27 von Feuerwehrkommandant Joachim Hegi in Empfang genommen, nachdem sie durch dessen Stellvertreter, Daniel Müller, mit einem Glücksrad in sechs Gruppen eingeteilt worden sind. Sie sollen im Laufe des Nachmittags verschiedene Posten absolvieren. Dabei geht es darum, die Anwendung von diversen Feuerwehrgeräten zu üben. An jedem Posten gibt es jedoch Punkte zu sammeln. Sprich: Es handelt sich nicht nur um eine Übung, sondern auch um einen Teamwettkampf. Aufregend!
Dienstältester blickt zurück
Vor Ort ist auch André Stutz, seit 29 Jahren in der Feuerwehr und damit der Dienstälteste. Er muss zuerst auf seinem Smartphone das Dienstalter überprüfen, bevor er es bestätigt. «Ich kann mich gar nicht mehr genau erinnern, wann ich angefangen habe. Es ist schon so lange her», sagt er. Bestens erinnern kann sich der «waschechte Glattbrugger» – wie er sich selber bezeichnet – jedoch an seinen ersten Feuerwehreinsatz in Opfikon. Vor dem Gubristtunnel auf der Autobahn musste er einen Brand löschen, der auf einem mit Heu beladenen Lastwagen entstanden war.
In seinen Anfangsjahren als Feuerwehrmann erlebte er drei emotionale Ereignisse, die ihn sehr prägten: die Entgleisung eines Benzin-Güterzuges und der anschliessende Grossbrand aufgrund der Explosionen in Zürich-Affoltern (1994), der Brand der Papierfabrik Tela in Niederbipp (1996) und der Absturz eines Passagierflugzeuges in Nassenwil (2000). Insbesondere der Flugzeugabsturz, bei dem zehn Menschen ums Leben kamen, sei emotional sehr belastend gewesen. «In dem 17-stündigen Einsatz, der die ganze Nacht andauerte, mussten wir unter anderem Überreste von Menschen bergen», erinnert sich Stutz an die Katastrophe.
«In dem 17-stündigen Einsatz, der die ganze Nacht andauerte, mussten wir unter anderem Überreste von Menschen bergen.»
Erschwert wurde die emotionale Verarbeitung der Ereignisse, weil es damals keine professionelle psychologische Unterstützung gab. Was jedoch half, waren laut Stutz die Gespräche mit den Feuerwehrkollegen, die ebenfalls von diesen traumatischen Geschehnissen betroffen waren. «In der Feuerwehr gibt es eine gute Kameradschaft, man kann auch zusammen mal ein Bier trinken», so Stutz. Diese gegenseitige Solidarität sei auch ein wichtiger Grund gewesen, weshalb Stutz in die Feuerwehr einstieg und dort jahrzehntelang verblieb. Weitere Motivationsgründe seien der Drang, Menschen zu helfen und zu retten, sowie der Einfluss seines Vaters, der selbst sogar als Offizier in der Feuerwehr Opfikon tätig war. Wie lange Stutz weitermachen möchte, weiss er noch nicht. «Für das Jahr 2024 habe ich mich verpflichtet, danach schaue ich von Monat zu Monat.»
Trotz seines hohen Dienstalters leistet Stutz noch immer 40 bis 50 Einsätze pro Jahr. Ein Privileg hat er jedoch: Er muss nicht mehr an allen Übungen teilnehmen, so wie zum Beispiel an der diesjährigen Schlussübung. Stattdessen empfängt er die ehemaligen «Feuerwehrgspänli», die ab 13.30 Uhr eintreffen, und begleitet sie zu den Posten, wo sie in guter Laune die Leistung ihrer Nachfolger diskutieren und aus der Ferne Verbesserungsvorschläge einbringen.
Auch Nachwuchs ist engagiert
Das Gegenteil von Stutz ist «Rookie» Francis Hansen, für welchen es die erste Schlussübung ist, an welcher er teilnimmt. Der 25-Jährige hat im Sommer den Einführungstag besucht, an dem er beispielsweise Atemschutzübungen durchführen musste, und erhielt anschliessend den Pager. Mit diesem kleinen Empfangsgerät, das piepst und etwa Meldungen der Einsatzleitzentrale anzeigt, kann er nun jederzeit zu einem Feuerwehreinsatz aufgeboten werden.
Auch für Hansen ist die Kameradschaft in der Feuerwehr der wichtigste Motivationsgrund: «Wir sind eine richtige Community. Alle werden sehr willkommen geheissen und als Person akzeptiert.»
«Wir sind eine richtige Community. Alle werden sehr willkommen geheissen und als Person akzeptiert.»
Aktuell ist der Newcomer ein- bis zweimal pro Woche im Einsatz und muss oftmals wegen Brandmeldeanlagen ausrücken. In Zukunft würde er aber – im Anschluss an eine Ausbildung – gerne bei den Ersthelfern mitfahren, um auch bei medizinischen Notfällen Hilfe leisten zu können.
Dies passt auch deshalb gut, weil Hansen als Rettungssanitäter angestellt ist. Wie alle anderen Feuerwehrleute in Opfikon (mit Ausnahme des Feuerwehrkommandanten und des Materialwarts) geht er einem anderen Hauptberuf nach und ist in der Feuerwehr als Freiwilliger engagiert.
Logisches Denken gefragt
Ein herausfordernder Posten, an welchem gemäss dem Postenleiter «logisches Denken» gefordert ist, findet auf dem Pausenplatz des benachbarten Schulhauses Halden statt. Hansens Gruppe muss sich überlegen, wie man einen vier Meter langen Schlauch, dessen oberes Ende an einem Baum befestigt ist, mit Wasser füllt, sodass das Wasser entweder oben oder unten rauskommt. Zur Verfügung stehen zwei 20-Meter-Schläuche, ein stillstehendes Fahrzeug mit einer Autodrehleiter und ein Wasserhydrant, der allerdings mehr als 40 Meter vom Baum entfernt steht.
Im ersten Versuch scheitert die Gruppe, weil die Distanz vom Hydranten zum Baum zu gross ist. Nachdem man aber die Köpfe nochmals zusammengesteckt hat, kommt man zur erhofften Lösung. Einer der langen Schläuche wird am Hydranten mit Wasser gefüllt, verschlossen und danach zu Fuss zum Fahrzeug transportiert. Ein Ende des Schlauches hängt man an die Drehleiter, das andere wird mit dem unteren Ende des am Baum befestigten Schlauches verbunden. Auf beeindruckende Art und Weise wird die Autodrehleiter nun mehrere Meter in die Höhe bewegt, bis der steigende Druck das Wasser im vollen Schlauch nach unten und in den angeschlossenen kleinen Schlauch presst, bis es oben rausfliesst.
In der Praxis kommt ein solches Vorgehen beispielsweise bei einem Brand in Hochhäusern zur Anwendung. Statt dass die Feuerwehrleute mit den schweren Schläuchen die Treppen hochlaufen müssen, können sie das Wasser über sogenannte Steigleitungen nach oben bringen.
An einem anderen Posten muss Hansen mit seiner Gruppe den mobilen Grosslüfter benutzen, um mehrere Räume zu belüften. Ziel ist es, Luftraumströmungen zu trainieren. Der Grosslüfter ist eines der Spezialfahrzeuge der Opfiker Feuerwehr. Er wird vor allem bei Bränden in Tiefgaragen und Tunnels eingesetzt, auch in anderen Gemeinden. Als Stützpunktfeuerwehr kommen im Vergleich zur Ortsfeuerwehr zusätzliche Aufgabenbereiche dazu, unter anderem eben die Unterstützung von umliegenden Feuerwehren bei Grossereignissen sowie Notfälle auf den Autobahnen A1 und A51.
Kommandant Hegi zufrieden
Nachdem alle Gruppen die Posten absolviert haben, verkündet der stellvertretende Kommandant Müller die Resultate. Hansen ist mit der Schlussübung sehr zufrieden. «Das Kader hat ein spannendes Programm auf die Beine gestellt, indem es technisches Lernen mit Spiel und Spass verknüpft hat.»
Auch Feuerwehrkommandant Hegi zeigt sich glücklich. «Einzig der Einsatz, bei welchem eine Gruppe aufgrund eines echten Autobrandes ausrücken musste, brachte etwas Unruhe in den Übungsablauf», so Hegi. «Aber wir sind ja auch primär für die Ernstfälle da», ergänzt er.
Im Anschluss an die Rangverkündung gibt es einen Apéro im Feuerwehrdepot. Als krönender Abschluss des Anlasses geht man danach noch für ein Abendessen ins Hotel Kameha im Glattpark weiter.
Mit der Autodrehleiter erreicht man auch Brandherde auf Dächern. In der Übung erfüllte sie aber eine andere Aufgabe. Bilder Robin Walz
Informationen: www.feuerwehr-opfikon.ch