Kanton hat Heimkosten für zehn Jahre zurückerstattet
Die Opfiker Stadtkasse hat – neben den unverhofften Steuereinnahmen – auch vom Kanton zusätzlich rund 3,5 Millionen Franken erhalten. Der Grund dafür: Er muss die von den Gemeinden einst bezahlten Versorgertaxen zurückerstatten.
Während über 50 Jahren übernahmen im Kanton Zürich die Gemeinden jeweils die Kosten für Kinder- und Jugendheime, wenn die Eltern diese Fremdplatzierungen nicht zahlen konnten. Eine Heimplatzierung kann verschiedene Gründe haben und kommt zur Anwendung: bei einer psychischen oder physischen Erkrankung, einem belasteten familiären Umfeld, einem Sonderschulbedarf oder einer Verfügung durch Justizorgane.
Nach dem Zürcher Verwaltungsgericht kam im Juli 2016 auch das Bundesgericht zu dem Schluss, dass anstelle der Gemeinden eigentlich der Kanton für diese Kosten – der Fachbegriff dafür lautet Versorgertaxen – hätte aufkommen müssen. Papier ist geduldig. Die Gesetzeslücke wurde zwar ziemlich schnell rückwirkend ab 2016 behoben, doch ein vom Verband der Gemeindepräsidenten in Auftrag gegebenes Gutachten stellte zusätzlich fest, dass die Kommunen rückwirkend für zehn Jahre, genauer für 2006 bis 2016, Anspruch auf Rückerstattung geltend machen können.
Es geht um viele Millionen
Wieder musste die Justiz in Anspruch genommen werden. Im März 2022 hiess das Zürcher Verwaltungsgericht zwei Klagen der Gemeinden Erlenbach und Regensdorf gut. Die beiden Gemeinden erhielten in der Folge ihre Beiträge für die Jahre 2006 bis 2016 zurückerstattet. Gestützt auf dieses Urteil hatten alle Zürcher Gemeinden bis im März 2024 Zeit, um ihre Rückforderungen beim bei der Bildungsdirektion angesiedelten Amt für Jugend und Berufsberatung (AJB) geltend zu machen.
Für den Kanton geht es dabei um erhebliche Summen, die nun an die Gemeinden zurückbezahlt werden müssen. Die NZZ zählte in einem Ende 2024 erschienenen Artikel auf, dass der Kanton bereits 2022 und 2023 Rückstellungen im Umfang von 438 Millionen Franken gebildet habe. Im Budgetentwurf 2025 seien bei den Verschiebungen zwischen Kanton und Gemeinden unter dem Titel «Bildung und soziale Wohlfahrt» 465 Millionen Franken aufgeführt.
Laut NZZ haben 143 der 160 Gemeinden eine Rückforderung eingereicht. Erste Gemeinden sind denn bereits auch schon in den Genuss von Rückzahlungen gekommen. So erhielt beispielsweise Rüti 7 Millionen Franken, Wetzikon 9,6 Millionen Franken, und auch Dietlikon durfte sich über 1,15 Millionen Franken aus der Kantonskasse freuen.
Opfiker 3,5 Millionen sind ein Teilbetrag
Während man in Wallisellen noch auf einen Bescheid wartet, ist man in Opfikon einen Schritt weiter: Nachdem die Stadt ihre Forderungen eingereicht hatte, konnte man sich mit dem Amt für Jugend und Berufsberatung (AJB) auf einen Betrag von rund 3,5 Millionen Franken einigen, wie die Stadt auf Anfrage mitteilt. Das Geld wurde bereits zugunsten der Jahresrechnung 2024 überwiesen und findet sich dort im Bereich Kinder- und Jugendheime.
Die gesamte Rückforderung von Versorgertaxen wäre eigentlich noch höher. Doch man habe in Absprache mit dem AJB die Beträge, welche von Eltern und Jugendlichen während der Rückforderungszeiträume an die Versorgertaxe geleistet wurden, von der Forderung abgezogen. Diese Eltern erhalten das bereits bezahlte Geld – insgesamt rund 86 000 Franken – zu einem späteren Zeitpunkt von der Stadt zurück. «Die Sozialabteilung wird die Begünstigten kon-taktieren und das Auszahlungsprozedere vereinbaren», so die Stadt weiter. «Die Auszahlungen werden anschliessend dem Kanton in Rechnung gestellt. Diese sind seitens des Kantons nicht bestritten.»
Noch nicht abgeschlossen ist die Einigung mit dem Kanton über den aufgelaufenen Verzugszins, die Kosten von Platzierungen in Heimen sowie in Pflegefamilien.
Pauschalbetrag pro Einwohner
Dass die einen Gemeinden ihr Geld bereits erhalten haben und andere nicht, erklärt man beim Kanton mit der Staffelung beim Einreichen. «Die Anträge der Gemeinden auf Rückerstattung werden grundsätzlich nach Eingangsdatum bearbeitet», sagt Sylvie Hirzel, die für die Kommunikation beim AJB zuständig ist. Sie würden entlang der Kriterien Vollständigkeit (ausgefülltes Formular, Belege), Nachvollziehbarkeit, Rückforderbarkeit der Leistung, Verjährungsfristen, Anerkennung der Institution und Alter der platzierten Personen behördlich geprüft. «Fehlen Belege oder gibt es Fragen zur Erfüllung der Prüfkriterien, hängt der Abschluss der Bereinigung vom Zeitpunkt der vollständigen Antworten der Gemeinden ab.»
Heute sind die Kosten für die Versorgertaxen klar geregelt. «Seit Inkrafttreten des neuen Kinder- und Jugendheimgesetzes trägt der Kanton 40 Prozent und tragen die Gemeinden 60 Prozent der Kosten für alle ergänzenden Hilfen zur Erziehung (Heimpflege, Familienpflege und sozialpädagogische Familienhilfen)», erklärt Sylvie Hirzel. Der Anteil der Gemeinden werde dabei nach Einwohnerzahl auf die einzelnen Gemeinden umgelegt. «Der Gemeindeanteil betrug im Jahr 2023 107.54 Franken pro Einwohnerin und Einwohner; für das Jahr 2024 wurden etwas weniger, 105 Franken, budgetiert», so Hirzel. Eine statistische Auswertung pro Gemeinde bezüglich der Inanspruchnahme von ergänzenden Hilfen zur Erziehung werde nicht erstellt.