Jetzt im Stadthaus: Aus Alt mach Neu
In den Gängen im Stadthaus Opfikon hängt die Recyclingkunst des Opfiker Grafikers Pascal Kehl. Wie er sich mit Abfall beschäftigt und was Tierkot damit zu tun hat, erklärte er vergangene Woche an einer Vernissage.
Bilder nach dem Cyanotypie-Druckverfahren und Papierkunst aus Pferde- und Elefantenkot – was sich nach einer exotischen Ausstellung im Kunsthaus anhört, gibt es in den Gängen des Stadthauses Opfikon zu sehen. Bis Ende Juli hängen dort die Werke des Opfiker Grafikers und Künstlers Pascal Kehl.
Seine Ausstellung mit dem Titel «Abfall?» eröffnete er vergangene Woche bei einer Vernissage vor rund 50 Personen. Über drei Stockwerke verteilt präsentiert sich die Vielfalt seiner Recyclingkunst. Von seinen Papierwerken mit verschiedenen Druckverfahren über Fotocollagen mit Pappkarton dreht sich bei Kehls Kunst alles um das Wiederverwerten.
Aus Pferdemist wird Papier
Kehls Recyclingkunst ist vielfältig wie der Abfall selbst, den er für seine Werke verwendet. Collagen aus alten Fotografien neu zusammengesetzt mit Pappkarton, Blaupausen-Abdrücke nach Cyanotypie, dem drittältesten Druckverfahren von fotografischen Bildern, und seine Papierkunst aus tierischem Kot verzieren nun das Innenleben des Stadthauses.
Stinken tut es deswegen aber nicht. Kehls selbst hergestelltes Papier aus Pferde- und Elefantenkot ist geruchsneutral. Das Prinzip ist simpel: Der Dung wird gekocht und gestampft. Die dabei entstehenden Fasern werden danach zerstampft und in einem Wassertank zum Trocknen gegeben.
Zwar weniger stabil, aber dafür ökologisch nachhaltig lässt sich aus vielen verschiedenen tierischen Exkrementen Papier herstellen, sagt Kehl: «Vegetarier und langsame Verdauer eignen sich am besten.» Den Pferdekot besorgte sich Kehl direkt aus Opfikon, während er für den Elefantenmist beim Zoo Zürich anfragen musste. Zwei Mal pro Jahr bietet die Stadt Opfikon Künstlern die Möglichkeit, ihre Werke im Stadthaus auszustellen. Ziel sei es, das Stadthaus von einer anderen Seite zu zeigen. «Viele besuchen es aus amtlichen Gründen. Wir wollen ein anderes Bild aufs Stadthaus werfen und Abwechslung bieten», sagt Stadtpräsident Roman Schmid (SVP) an der Vernissage.
Für den in Opfikon wohnhaften Pascal Kehl ist es die erste Ausstellung in seiner Heimatgemeinde. In den letzten Jahren hinweg habe sich die Möglichkeit nie ergeben. Umso grösser ist Kehls Freude, seine Werke einem lokalen Publikum zu zeigen: «Ich bin viel unterwegs und bin froh, konnte ich Zeit finden, meine Kunst hier vor Ort zu präsentieren», sagt Kehl. Im August muss er schon weiter und zeigt seine Werke an einer Ausstellung in Gordes, Frankreich.
3 Fragen
«Den Begriff ‹Abfall› differenzieren»
1 Wieso eine Ausstellung zum Thema Abfall?
Ich mache seit Jahren Kunst mit wiederverwertbaren Materialien. Für meine neusten Werke ist es dementsprechend naheliegend, wenn ich sie unter dem Titel «Abfall?» ausstelle. Dabei geht es auch darum, den Begriff «Abfall» zu differenzieren. Für viele Leute ist er der Überbegriff für alles, was sich im Endstadium befindet und unnütz ist. Damit wird allerdings Müll gemeint. Abfall hingegen kann man weiter verwenden. Dieses Potenzial hat mich schon immer fasziniert.
2 Wieso ist das Thema relevant?
Abfall häuft sich heutzutage, was auch mit den hier immer verfügbaren Ressourcen zu tun hat. Viele vergessen aber, welchen positiven Stellenwert Abfall einst hatte. Früher gab es Lumpensammler, die kaputte Stofffetzen neu zusammensetzten und verkauften. Ein weiteres Beispiel ist Tiermist, der heute noch in gewissen Ländern für den Verputz von Gebäuden verwendet wird. Solche Beispiele sind heute in Vergessenheit geraten.
3 Welche Ziele verfolgen Sie mit Ihrer Kunst?
Meine Werke sollen ästhetisch interessant sein und die Hintergründe dazu sollen deutlich werden. Es ist eine Gratwanderung, wie abstrakt ich werden kann. Dabei ist es mir wichtig, dass ich alle Arbeitsschritte selbst durchlaufe und somit das Werk von A bis Z selbst produziert habe. Mein Ziel ist es, mit meiner Kunst aufzuzeigen, was man mit Abfall alles machen kann, und die Leute auch inspirieren. Interview Dennis Baumann