Femizid: Ein gesellschaftliches Versagen
Alle zwei Wochen wird in der Schweiz eine Frau von einem Mann aus ihrem sozialen Nahraum getötet. Dies ist keine schockierende Statistik, sondern eine brutale Realität. Dennoch fehlt es an effektiven gesetzlichen Verankerungen, um dieser Form geschlechtsspezifischer Gewalt entschlossen entgegenzutreten.
Die Forderung nach einem eigenen Straftatbestand für Femizide wird immer lauter, doch ob eine solche Norm wirklich die richtige Lösung ist, bleibt umstritten. Die Debatte ist komplex. Einerseits könnte eine explizite gesetzliche Regelung das Problem sichtbarer machen, Statistiken verbessern und Präventionsstrategien erleichtern. Durch eine klar definierte Straftatkategorie würden Verurteilungen transparenter, und die Justiz könnte gezielter gegen Täter vorgehen. Andererseits stellt sich die Frage, ob eine solche Norm überhaupt notwendig ist, da das Strafgesetzbuch bereits Mord und Totschlag abdeckt. Kritiker argumentieren zudem, dass die Beweisführung, ob eine Tat spezifisch aus Frauenhass begangen wurde, äusserst schwierig sei und zu langen, komplizierten Verfahren führen könnte.
«Frauenmorde sind keine tragischen Einzelfälle, sondern Ausdruck einer Gesellschaft, die immer noch patriarchale Muster duldet.»
Es gibt Alternativen, die unmittelbarer wirksam sein könnten. Dazu zählt die konsequentere Umsetzung der Istanbul-Konvention, die Staaten verpflichtet, Gewalt gegen Frauen systematisch zu bekämpfen. Der Staat sollte Opferschutzeinrichtungen stärker unterstützen, Non-Profit-Organisationen fördern und Justizbehörden besser sensibilisieren. Insbesondere Richterinnen und Richter müssen geschult werden, um Mechanismen wie den «Frozen-Fright-Effekt» zu verstehen, der Opfer daran hindert, sich zur Wehr zu setzen. Ein besserer Zugang zu Frauenhäusern und eine verstärkte Präventionsarbeit sind essenziell, um potenzielle Opfer frühzeitig zu schützen.
Auch die Gesellschaft selbst muss sich ihrer Verantwortung bewusst werden. Gewalt gegen Frauen wird oft als individuelles Problem dargestellt, doch sie ist ein strukturelles Phänomen, das tief in unseren sozialen und kulturellen Normen verwurzelt ist. Frauenmorde sind keine tragischen Einzelfälle, sondern Ausdruck einer Gesellschaft, die immer noch patriarchale Muster duldet. Medien, Bildungseinrichtungen und politische Akteure müssen daher ihren Beitrag leisten, um ein gesellschaftliches Umdenken zu fördern. Das bedeutet auch, toxische Männlichkeitsbilder zu hinterfragen und ein Bewusstsein für Geschlechtergerechtigkeit bereits in Schulen zu verankern.
Ein juristischer Alleingang wird das Problem nicht lösen – eine tiefgreifende gesellschaftliche Sensibilisierung und nachhaltige Prävention hingegen könnten es. Femizide sind ein gesamtgesellschaftliches Versagen. Nur wenn wir dies erkennen und gemeinsam handeln, kann echter Wandel stattfinden.
Was kann die Stadt Opfikon tun? Die Problematik besteht darin, dass zwar auf nationaler und kantonaler Ebene staatliche Stellen bezüglicher der Thematik Femizid beziehungsweise häusliche Gewalt aufgegleist wurden, aber auf kommunaler Ebene die Stellen leider fehlen. Zuerst müsste die Stadt Opfikon eine solche Stelle, wie auf kantonaler Ebene die Direktion der Justiz und des Innern und die Sicherheitsdirektion, gründen und danach die Massnahmen bilden und umsetzten.
Unsere Stadt könnte zum Beispiel Kampagnen aufgleisen (Panels und Broschüren in verschiedenen Sprachen, Awareness in der Schule, Bildung etc.), Info-Stellen bilden (am Info-Schalter der Gemeinde etc.), Rückzugsmöglichkeiten ermöglichen (Übergangswohnungen für betroffene Opfer etc.) und NGOs, die am Thema arbeiten, unterstützten (BIF, Frauenhäuser, Mannebüro Züri etc.).
Das Problem Femizid ist nicht nur das Problem der Opfer beziehungsweise zukünftigen Opfer, sondern ein Problem der Gesellschaft, das gemeinsam angepackt werden muss.
In der Rubrik «Aus dem Gemeinderat» schreiben Opfiker Gemeinderätinnen und Gemeinderäte regelmässig Beiträge. Sämtliche im Parlament vertretenen Parteien bekommen hierzu Gelegenheit.