Fast ganz Opfikon ist «fernwärmetauglich»

Roger Suter

Der Gemeinderat hat am Montagabend einer neuen Verordnung über Energie und Wasserversorgung Opfikons

zugestimmt. Damit soll ein neues, sparsames Wärme- und Kältenetz ermöglicht werden.

Umstrittenes gab es an der Sitzung vom Montag, 3. Juni, nicht zu beschliessen. Sie dauerte auch keine halbe Stunde. Aber in dieser kurzen Zeit hat das Opfiker Parlament Weichen für die Zukunft gestellt.

Etwas sperrig EuWVV heisst das Geschäft, weswegen die Sitzung überhaupt stattgefunden hat. Die revidierte Verordnung über die Energie- und Wasserversorgung bildet dabei die Grundlage für einen klimafreundlichen Umbau der Wärme- und Kälteversorgung der Stadt. Denn heute blasen einige Firmen überschüssige Abwärme – also Energie – in die Luft, die man anderswo nutzen könnte.

Einbezogen wird dabei nicht nur, wie ursprünglich angedacht, die «Airport City» (zwischen Schaffhauser- und Birch- beziehungsweise Flughofstrasse), sondern fast das ganze Stadtgebiet mit Ausnahme von Grossacker, Bubenholz und dem nördlichen Teil des Opfiker Dorfes. Die EuWVV nun definiert die Rahmenbedingungen für das Fernwärme- und -kältenetz und soll schon auf 1. September 2024 in Kraft treten. Bis dahin wird die Stadt zusammen mit der zuständigen Energie Opfikon AG (EO) ein Konzept sowie ein Förderprogramm für erneuerbare Energie erstellen (siehe separater Artikel) – weshalb der Stadtrat das grundsätzliche «Go» vom Gemeinderat so schnell wie möglich haben wollte.

GPK wollte Mitsprache – vergeblich

Von einem Schnellschuss kann dabei keine Rede sein: «Die Geschäftsprüfungskommission hat das Thema an sieben Sitzungen behandelt und dreimal externe Berater oder den Stadtrat beigezogen», führte GPK-Sprecher Slavko Gavran (Mitte) aus. Dabei gab offenbar das Reglement des Förderprogramms Anlass zu Diskussionen. Es soll durch eine kleine Zusatzabgabe auf Strom finanziert werden. Die GPK wollte dort mitreden und auch auf die Tätigkeiten der EO AG wieder mehr Einfluss nehmen, die 2002 per Volksabstimmung aus der Stadtverwaltung ausgelagert und selbstständig wurde. Man habe deshalb beim Bezirksgericht und beim Gemeindeamt Erkundigungen eingeholt – und den Bescheid erhalten, dass eine Mitsprache die Gewaltentrennung verletzen würde. Der Gemeinderat könne lediglich die Oberaufsicht ausüben.

So konnte Gavran nur bedauern, dass der GPK bei den Beratungen noch kein Entwurf fürs Fondsreglement vorlag («Das war jederzeit ein zentrales Kernthema») und sich wünschen, dass insbesondere Massnahmen innerhalb Opfikons gefördert werden.

Freimenge von 4000 kWh

Die GPK begrüsse die Fernwärme; eine knappe Mehrheit (3:2 bei 2 Abwesenheiten) fand zudem, dass die ersten 4000 Kilowattstunden Energieverbrauch pro Jahr von der Förderabgabe befreit sein sollte, und stellte einen entsprechende Ergänzungsantrag. Zum Vergleich: Die meisten Haushalte der Schweiz verbrauchen zwischen 3000 und 5000 kWh Strom; die Sparsameren sollten also von allgemein gestiegenen (Energie-)Kosten entlastet werden.

«Und genau die Grossverbraucher sollten belastet werden.»

David Sichau, Grüne

Das wiederum fanden die bürgerlichen Fraktionen im Rat falsch. «Es wäre eine Ungleichbehandlung und würde wohl Rekurse verursachen», fand Kevin Husi-Fiechter namens der SVP. Grössere Haushalte sowie solche mit elektrisch betriebenen, umweltfreundlichen Wärmepumpen würden benachteiligt, «und das alle für den Preis zweier Tassen Kaffee im Jahr», so Husi-Fiechter. FDP und Mitte schlossen sich dieser Argumentation an.

Auch Bauvorstand Bruno Maurer warb für ein Nein zum Freibetrag ab: «Warum sollte man das Zwei-Takt-Töffli besser behandeln als ein E-Bike?» Das Abrechnen pro Stromzähler würde neuere Zusammenschlüsse, die anders aufgeteilt werden, nicht gerecht. «Zudem gäbe es kaum Geld in den Fonds, und es könnten auch kaum Fördermittel ausgeschüttet werden.

Noch eine Ungleichbehandlung?

David Sichau von den Grünen hingegen führte ins Feld, dass in Sachen Strom schon heute nicht alle gleich behandelt würden, weil Kleinverbraucher im Gegensatz zu den Grossen ihren Stromlieferanten und damit den Preis nicht mitbestimmen könnten. «Und genau die Grossverbraucher sollten belastet werden.»

«Die Freimenge hingegen wäre eine solche Ungleichbehandlung.»

Regula Hürlimann, SVP

Thomas Wepf und die SP unterstützten den Freibetrag aus energie- und sozialpolitischen Gründen: «Gerade bei Menschen mit knappem Budget führen schon kleine Preissteigerungen zu Existenzängsten.» Mit dem Freibetrag würden bescheidene Einkommen entlastet. «Das schadet dem Fonds nicht, denn der überwiegende Beitrag käme von Grossbetrieben und Energieverschwendern.» Eine grosse Rekursgefahr sieht Wepf anhand anderer Beispiele nicht: «Mit dem Argument soll nur der Gemeinderat unter Druck gesetzt werden.»

Rekurse mit guten Erfolgschancen

Lukas Müller erklärte namens der NIO@GLP-Fraktion, dass man die Idee zuerst befürwortet habe, nach einer eingehenden Interessenabwägung inzwischen aber gegen den Freibetrag sei. 

Regula Hürlimann (SVP) hielt der Ratslinken vor, den Begriff Ungleichbehandlung juristisch nicht richtig verstanden zu haben. Diese liege nicht vor, weil die Regeln zum Strombezug von vornherein genau und gesetzlich geregelt seien. «Die Freimenge hingegen wäre eine solche Ungleichbehandlung.» Und die Erfolgsaussichten eines Rekurses wären gut, so die Bezirksrichterin.

In der ersten Abstimmungsrunde stimmten 12 Ratsmitglieder für den Zusatz des Freibetrages, 20 dagegen, jemand enthielt sich. Danach wurde die unveränderte Verordnung mit 32 Ja-Stimmen gutgeheissen.

 

FDP will, dass Opfikon aus dem Schutzverband SBFZ austritt

Opfikon soll aus dem Schutzverband der Bevölkerung um den Flughafen Zürich (SBFZ) austreten. Dies verlangen FDP-Gemeinderat Björn Blaser (FDP) und Mitunterzeichnende von FDP, SVP und einem Mitglied der Mitte mit einer Motion, die sie am Montag eingereicht haben.

Parteipräsident Blaser begründete seinen Antrag damit, dass der SBFZ «an vorderster Front gegen die Verlängerung der Pisten gekämpft» habe. Dabei hätten an jenem 3. März über 67 Prozent der Opfikerinnen und Opfiker für die Verlängerungen gestimmt – «der grösste Ja Anteil von allen Anwohnergemeinden des Flughafens, und das bei einer grossen Stimmbeteiligung» (43.62 %), wie Blaser ausführte. Der Verband habe mit Opfiker Steuergeldern aktiv versucht, ein Nein zu den Pistenverlängerungen zu erwirken.

Der Verband, in dem Opfikon als Flughafengemeinde kein erhebliches Mitspracherecht habe und nur ungenügend gehört werde, vertrete nicht die Interessen der Bevölkerung von Opfikon. Diese Mitgliedschaft sei deshalb obsolet.

«Wir schliessen uns lieber der Nachbargemeinde Wallisellen an, welche den Austritt bereits vollzogen hat, als uns von Gemeinden wie Turbenthal, Fislisbach und Mellikon eine Kampagne oder eine Verbandsmeinung aufzwingen zu lassen.» Allfällige Sorgen der Bevölkerung könne Opfikon direkt im Kantonsrat, bei der Volkswirtschaftsdirektion sowie beim Bundesamt für Zivilluftfahrt platzieren.

Im Rat fügte Björn Blaser hinzu, dass sich einige an der Form einer (verbindlichen) Motion gestört hätten. «Das aber geschah aber nach Rücksprache mit dem Stadtschreiber», sagte Blaser. «Eine Kleine Anfrage oder eine Interpellation wäre nicht zielführend gewesen.

«Opfikon steht zu seinem Wirtschaftsmotor, will den Flughafen nicht in Ketten legen und fühlt sich von ihm auch nicht bedroht.» Stimmt der Gemeinderat dieser Motion an der nächsten Sitzung zu, muss der Stadtrat den Austritt per Ende 2024 in die Wege leiten. 

 

In einer ersten Version dieses Artikels stand fälschlicherweise, dass die NIO@GLP für den Freibetrag gewesen sei.