Erwacht aus dem «Dornröschenschlaf»

Roger Suter

Nach jahrelangem Planen und sanftem Sanieren steht  das Ortsmuseum mit Galerie und Treffpunkt den Opfikerinnen und Opfikern wieder zur Verfügung. Das älteste Haus Opfikons ist nun zeitgemäss eingerichtet und soll ab kommendem Jahr wieder regelmässig offen sein.

Über das wohl geschichtsträchtigste Haus Opfikons ist erstaunlich wenig bekannt. «Lediglich die Namen der Besitzer sind bis ins Mittelalter vermerkt», sagte Stadtpräsident Roman Schmid an einem Rundgang vergangenen Freitag. «Aber über das Leben hier drin wissen wir kaum etwas.»

Bekannt ist hingegen, welches Leben hier künftig einziehen soll: Nach der Sanierung hat das ehemalige und aktuelle Multifunktionshaus nun drei Teilbereiche, die jeweils separat genutzt werden können: das Beizli, die Galerie und das Museum, neu mit der Möglichkeit von Wechselausstellungen.

2017 begannen bei der Stadt die Planungen für eine Gesamtsanierung, wie sie die Betreibergenossenschaft Dorf-Träff wünschte. Im November 2019 hat der ­Gemeinderat dafür einstimmig einen ­Baukredit über 2,45 Millionen Franken ­bewilligt.

Vor allem innere Werte

Davon sieht man von aussen nicht viel: Das 1640 erbaute Gebäude steht unter Denkmalschutz, was Eingriffe stark einschränkt. Erst nach dem Öffnen des grossen Scheunentores wird ein wichtiger Punkt der Sanierung sichtbar: die Energiebilanz. Damit es nicht mehr durch die Ritzen und Spalten zieht, befindet sich dahinter nun ein gleich grosses Glastor mit Isolierglas und Metallrahmen. Darin eingelassen ist eine kleinere Tür, das sogenannte Mannstor, das exakt die Formgebung des antiken Holztors übernimmt. Diese Konstruktion sei nicht einfach gewesen, erläutert Mario D'Alberto, Architekt und Bauleiter bei der  Fässler + Partner AG, Zürich. «Etwas in dieser Grösse gibt es nicht von der Stange.»

Ein weiterer Schwachpunkt in der Energiebilanz des Gebäudes war das Dach: Dieses wurde teilweise gedämmt und innen neu mit hellem Holz verkleidet. Dadurch wirken die Räume darunter, welche vom Museum, aber auch von der Galerie genutzt werden, gleich viel heller.

Ansonsten wurde im «Tenn», dem hohen Raum hinter dem Scheunentor, der sich bis unters Dach zieht, wenig verändert: Die Holzwände und -balken bieten Platz für grosse Ausstellungsstücke des Ortsmuseums. Die modernere, metallene Treppe erhielt einen neuen Anstrich, die anschliessende Innenkonstruktion mit drei Etagen für die Galerie wurde lediglich statisch verstärkt. Sie erhielt aber wie das übrige Haus eine Beschallung und komplett neue Beleuchtung – in der Galerie und den Museumsräumen als LED-Spotlampen, um die Exponate ins rechte Licht zu rücken; im Tenn als lange, hängende Leuchtstäbe (warmweiss und schöner als das frühere «World’s largest timepiece» an der Zürcher Bahnhofstrasse) und im «Beizli» als stimmungsvolle Leuchtringe für direkte und indirekte Beleuchtung.

Der grösste Umbauposten im Haus war der Lift, durch den das Gebäude nun komplett im Rollstuhl erfahrbar ist. Der Liftschacht – im unteren Teil Sichtbeton, im Dachgeschoss eine Stahl- und Glaskonstruktion – bewegt sich deshalb langsam und führt dort entlang, wo einst eine interne Wendeltreppe die Galeriegeschosse untereinander verband.

Der alte, neue Holzboden

Die Galerie selbst  erfuhr wenig Ände­rungen: Selbst die «Spaghetti-Platten» (Dämmplatten aus Holzfasern als Deckenverkleidung) wurden wiederverwendet. Auch das Erdgeschoss der Galerie wurde sanft erneuert: Der Boden, bestehend aus eng aneinandergelegten Stirnholzparkett-Klötzen, wurde abgeschliffen und geölt; ersetzte Teile  sind aus etwas hellerem Holz. «Das darf man ruhig sehen», findet Architekt Mario D’Alberto. Neu ist die kleine Küche, welche es erlaubt, hier etwa Vernissagen-Apéros zuzubereiten, und das IV-gerechte WC. Auf der Bergseite des Tenns führt eine bestehende Tür in den Korridor, der seinerseits das «Beizli» erschliesst. Auch dort hat sich auf den ersten Blick wenig verändert. Die bereits erwähnten Lampen leuchten aber wahlweise nach unten, oben oder beides – was den Charakter des Raumes mit den rohen Steinwänden besonders betont.

Abluft um alle Ecken

Komplett erneuert wurden hingegen die Küche sowie die WC-Anlagen des «Beizlis»: Dank zweier Backöfen lassen sich auch grössere Mengen an Apérogebäck gleichzeitig zubereiten. Ein grosser zusätzlicher Kühlschrank beherbergt Getränke.

Das Beizli, das auch für private Anlässe vermietet wird, verfügt nun trotz der engen Platzverhältnisse über eine rollstuhlgängige Toilette, in der auch ein Wickeltisch untergebracht ist, ein weiteres WC sowie zwei Pissoirs. Eine besonders knifflige Aufgabe war dabei die Abluft aus diesen Räumen: Weil sich direkt vor dem Haus die Terrasse des Restaurants Wunderbrunnen befindet, kam ein Entlüften auf den «Brunnenplatz» nicht mehr in Frage. Stattdessen wird die Luft nun übers Dach ins Freie geleitet. Architekt  Mario D’Alberto musste das zugehörige Rohr von rund 40 Zentimetern Durchmesser durch alle Geschosse, Wandschränke in den Wohnungen und im Giebel über viele Ecken führen.

Opfikons Geschichte im Museum

Kaum angerührt wurden die beiden bestehenden historischen Wohnetagen ­einer damaligen Bauernfamilie, die heute im Ortsmuseum integriert sind. «Das war so beabsichtigt», erklärt Evelyne Sydler, Präsidentin der Genossenschaft Dorf-Träff. Hier würden Schulklassen und neu Zugezogene anschaulich etwas Geschichtsunterricht erhalten; im Dachgeschoss ist neu Platz für Wechselausstellungen.

Im Garten hinter dem Haus hat sich einiges getan: Die zwei bröckelnden Stützmauern auf dem abschüssigen Gelände wurden durch neue aus Beton ersetzt. Der Garten besteht somit neu aus zwei begehbaren Terrassen, die durch besagte Mauern sowie einen begrünten Sicherheitszaun voneinander getrennt sind. Eine kleine Treppe verbindet die beiden Ebenen direkt miteinander. An Gestaltungselementen findet man einen Brunnen und eine Pergola, ein Feuerholzlager und eine Feuerschale kommen demnächst hinzu. Drei Bänke bieten feste Sitzgelegenheiten.

Der Schopf auf dem Niveau der Mettlengasse erhielt ein neues Ziegeldach und Wandverkleidungen aus Lärchenholz. «Es ist sehr witterungsbeständig und wird auch für Alphütten genutzt», erklärt Architekt Mario D’Alberto. Der Schopf wird vom Ortsmuseum als Lager genutzt.

Genossenschaftspräsidentin Evelyn Sydler, die hier selber viele Feste gefeiert hat, freut sich sehr: «Es ist, wie wenn der Dorf-Träff aus dem Dornröschenschlaf geweckt worden wäre.»