Ein absolut genialer Theaterabend
Der Singsaal des Schulhauses Mettlen liegt eher versteckt. Doch einmal dort, kann man eintauchen in das sehr lebendige Kulturleben von Opfikon. Mit prominenten Hauptdarstellern und vielen ehrenamtlich tätigen Einheimischen. Jetzt fehlt nur noch ein ausverkaufter Saal beim nächsten Anlass.
Dass Opfikons Kleintheater, die Mettlenbühne, eine reichhaltige Geschichte hat, davon zeugen die Bildtafeln beim Eingang. Dort sind prominente Künstlerinnen und Künstler mit grossen Fotos und persönlichen Widmungen verewigt. Etwa die Clownin Gardi Hutter, der Kabarettist Osy Zimmermann, der Schriftsteller Walter Matthias Diggelmann, dazu Franz Hohler aus dem nachbarschaftlichen Oerlikon, Peter Bichsel, Zarli Carigiet sowie Margrit Läubli und Cés Kaiser. Sie alle sind schon hier aufgetreten.
Heute Abend, es ist der Freitag vor einer Woche um halb acht, sind nicht minder prominente Gäste da, zumindest für theaterinteressierte Menschen. Denn das Duo schön&gut (Anna-Katharina Rickert und Ralf Schlatter) hat schon fast alles abgeräumt, was es an Kleinkunstbühnen-Preisen zu holen gibt. Den Salzburger Stier, den Schweizer Kabarettpreis Cornichon sowie den Schweizer Kleinkunstpreis. In Opfikon sind sie mit ihrem Programm «Aller Tage Abend».
Es geht um geplante Windräder, verkaufte Grundstücke, aufkommende Panik wegen eines Meteoriten und das Aufbrechen von Geschlechterrollen. Rickert und Schlatter – seine markante Stimme kennt man von den leider abgeschafften Radio-SRF-Morgengeschichten – treten in mehr als einem halben Dutzend Rollen auf. Von urkomisch über geschniegelt-businessmässig bis zu nachdenklich, ja traurig-poetisch. Gesungen wird auch, plus aus Vogelperspektive gelästert über allerlei Arten von Menschen. Am liebsten über Gemeindepräsidenten und Dorfgrössen. Das sorgt für permanente Spannung und beste Unterhaltung.
Dabei ist das Stück dank einer gesunden Portion Gesellschaftskritik erhellend und bleibt einem in Erinnerung. Apropos «bleibt». «Bleibt nicht, wie Ihr seid», heisst es in einem Lied. Das könnte tatsächlich ein wenig bevormundend wirken. Aber nein. Anna-Katharina Rickert und Ralf Schlatter wirken am heutigen Abend tatsächlich wie Vorbilder. Wie Menschen, die einem zeigen, wie kultiviert, wie verspielt, wie interessiert man sein kann. Nur schon Schlatter, wie er einen ungeplanten Handy-Klingelton aus dem Publikum geistesgegenwärtig ins Stück einflechtet – Weltklasse. Oder wie Rickert mit ihrer Mimik das Publikum zu Tränen rührt.
Sehr sympathisch und nahbar ist, wie die beiden – noch auf der Bühne und nach dem lang anhaltenden Applaus – erzählen, wie es schön sei, nach sieben Jahren wieder hier zu sein. Und den neuen Techniker und Beleuchter Kevin Husi besonders loben. «Wählt ihn wieder in den Gemeinderat», sorgt für zusätzliche Lacher. Gemeinderat? Techniker? In Opfikon ist es Tradition, dass vom Stadthaus Support in Form von Freiwilligenarbeit kommt. Husis Vorgänger war kein Geringerer als der Stadtschreiber Willi Bleiker.
Nun aber genug Männerlobhudeleien. Denn neuerdings ist die Mettlenbühne grossmehrheitlich in Frauenhand. Grund für die Ablöse war das eher fortgeschrittene Alter der bisherigen Garde, dazu kam das nervenzehrende Corona mit nun fast drei Jahren Pause, ausser einem Lebenszeichen diesen Frühling.
80 Besucherinnen und Besucher
Nun führt Kathrin Balimann das neue Mettlen-Team an. Ihr zu Seite stehen Esther Laux und Bea Altorfer (heute Abend mit perfektem Barbetrieb), Esther Sauter (zusammen mit Balimann an der Kasse) sowie wie erwähnt Kevin Husi (Technik).
Balimann ist begeistert vom heutigen Abend, wie sie sagt. Mit gut 80 verkauften Eintritten sei man sehr zufrieden. Platz hätte es für 120 Leute. Nun freut man sich auf das Kommende. Am Samstag, 13. Januar 2024, folgt mit Frölein Da Capo alias Irene Brügger und ihrer «Ein-Frau-Show» ein «Abend voller Gekritzel und Gesang, Geloope und Gehupe». Frölein Da Capo kennt man von ihrer wöchentlichen Kolumne in der «Schweizer Familie» sowie von einem längeren Gastauftritt bei der Satiresendung «Giacobbo-Müller».
Bald Stand-up-Comedy für Opfikon
Am Freitag, 2. Februar, dann rührt Philip Wiederkehr in «Tele Guacamole» Parodien, Gesellschaftskritik und fernsehreife Geschichten zu einer schmackhaften Sauce an. Wiederkehr schaffte es, mit seiner Rolle als Fernsehreporter Melchior Schwester zum Internetstar zu werden. «Mit ihm möchten wir vermehrt das jüngere Publikum ansprechen», sagt Kathrin Balimann. Stand-up-Comedy für Opfikon. Dank der neuen Crew geht man voll mit der Zeit. Mit Veri macht dann am Freitag, 15. März, ein «brillanter Comedian» («Entlebucher Anzeiger») den Saisonabschluss.
Es bleibt zu hoffen, dass dem enthusiastischen Team die Opfiker die Bude einrennen. Dem Chronisten wurde beim Besuch zudem wieder einmal bewusst, wie nah Opfikon und das Kleintheater Mettlenbühne von Oerlikon aus ist. Mit ÖV und einigen Schritten keine 20 Minuten. Das ist näher als das Bernhardtheater. Höchste Zeit also, auch mal nach Norden zu pilgern, um Kultur zu geniessen.
Für Kathrin Balimann und ihre Crew endet der Premierenabend versöhnlich. Während Anna-Katharina Rickert und Ralf Schlatter mit sofort zu Fans mutierten Zuschauerinnen und Zuschauern fachsimpeln, räumen all die fleissigen Helferinnen und Helfer (inklusive Stadtschreiber Willi Bleiker) die Stühle und Tische weg. Es ist fröhliche Teamarbeit, die von bestem Teamspirit zeugt.
Einzig eine nicht unwesentliche Sache bleibt: Kathrin Balimann würde nicht nein sagen, wenn sich noch jemand für die Vorstandsarbeit melden würde. Zu fünft sei man eher am Anschlag. Sie lacht und hilft weiter, die Bar wegzuräumen.