«Dosendealer» bringen Farbe
Nach den Oldtimern von Entsorgung und Recycling Zürich hält nun Kunst Einzug: Ab April 2024 soll die ARA Glatt Übungszentrum für etablierte und angehende Graffiti-Künstlerinnen und -Künstler werden – und ein Quartiertreff.
Ausser Betrieb ist die frühere Kläranlage der Stadt Zürich beim Glattpark schon seit 2001. Heute werden hier nur noch die Abwässer von Zürich-Nord gesammelt und durch einen Tunnel zurück ins Klärwerk Werdhölzli im Limmattal geschickt. Die zwei nördlichsten kreisrunden Klärbecken wurden 2015 zu einem Spielplatz und einem Teich umfunktioniert und sind seither die Attraktion des Spielraums Ara Glatt, der zwischen März und Oktober von der Jugendarbeit, aber auch von engagierten Quartierbewohnern betrieben und auch vermietet wird. Doch die ehemalige Gebläsehalle – ein lang gezogener Bau wie ein Riegel quer durch das umzäunte ARA-Gelände – sowie die vier Klärbecken südlich davon lagen jahrelang brach.
Das hat sich im Sommer geändert: Eingezogen ist der Verein «Farben für Zürich», der hier eine Galerie, ein Kreativzentrum und einen Quartiertreff betreiben will. «Farben» meint dabei explizit Spraydosen, denn der Verein hat sich der Förderung der Graffiti-Kunst verschrieben. Dabei zielen die Gründer Yassin Manuel Tair und Till Boller nicht nur auf bekannte internationale Künstlerinnen und Künstler, sondern auch auf den Nachwuchs. «Wir wollen ein Übungscenter für Kunst sein», so Tair. «Die grossen Flächen, die wir hier immer wieder übermalen und danach neu gestalten können, sind ein Glücksfall.»
Sprühfarbe statt Abwasser
Diese Flächen sollen noch grösser werden: Derzeit liegt in der Stadtverwaltung ein Projekt auf, dass nicht nur die Halle, sondern auch die alten, bislang ungenutzten Klärbecken nutzen will: Überflüssige Verstrebungen sollen entfernt, dafür Zugangstreppen und Geländer installiert werden. Maximal 24 Baucontainer sollen kleine Ateliers beherbergen. Ebenfalls Teil des Projektes ist ein Laden, in dem man sich vor Ort mit einer fehlenden Farbe oder anderem Material eindecken kann – eben der «Dosendealer». Dafür arbeitet er mit einem namhaften Hersteller von Qualitätsfarbsprays aus dem Schwarzwald zusammen.
Endlich ein Café im Park
Und nicht zuletzt möchte der Verein während der Öffnungszeiten ein Café samt Verpflegung anbieten – etwas, was bislang an diesem Ort schmerzlich vermisst wurde. All das soll ab April 2024 von Mittwoch bis Sonntag öffentlich zugänglich und auch ohne Anmeldung nutzbar sein; allenfalls will man zwischen Oktober und Februar etwas reduzieren. Zudem können in der Halle Konzerte, Firmenanlässe, Geburtstage, Workshops und Weiteres stattfinden. Mehrmals jährlich steht die Halle dem Quartier oder der Stadt Opfikon zum Selbstkostenpreis zur Verfügung. Der Mittwochnachmittag soll dabei im Zeichen der Jugend stehen – was heute schon der Fall ist, wenn etwa ein interessiertes Kind spontan unter Anleitung eines Künstlers sein erstes Bild sprayt.
Gestalterisch soll sich das Gelände an den «Spielraum» anlehnen: eine kleine Hecke um die Klärbecken, auf der Innenseite ein Sicherheitszaun. Wenn mittels der Vereinsbeiträge und Crowdfunding genügend Geld zusammenkommt, planen Tair und Boller ein kleines Vordach, damit man die Wände im Trockenen besprühen kann. Der direkte Zugang wird über einen neuen Weg von der grossen Wiese aufs ARA-Gelände erfolgen.
Yassin Tair (links) und Till Boller haben aus der Gebläsehalle eine Galerie gemacht. Nun nehmen sie sich das Aussengelände vor. Bild Roger Suter