Die fetten Jahre scheinen vorbei
Der Gemeinderat hat am Montagabend das Budget 2024 der Stadt durchberaten und vor allem bei der Schule gespart. Schulpräsident Norbert Zeller sprach von einem falschen Signal an die engagierten Lehrerinnen und Lehrer.
Nach Jahren mit ungeplanten Überschüssen, welche die steigenden Ausgaben deutlich übertrafen, bahnt sich im Opfiker Haushalt nun eine Trendwende an: Es fehlen Firmensteuern aus dem aktuellen genauso wie Nachsteuern aus den vergangenen Jahren, wie sie bis 2022 regelmässig flossen und die Jahresrechnungen jeweils deutlich ins Positive gedreht hatten. Die Hochrechnung 2023 prognostiziert eine Verschlechterung gegenüber dem Budget von 6,4 Millionen Franken, womit sie auf ein Minus von etwa 13,2 Millionen hinauslaufen würde. Noch stehe Opfikon finanziell gesund da, fand auch die Rechnungsprüfungskommission, welche das Budget 2024 vorberaten hat. Weil die Betriebskosten aber über Massen steigen, erwartet sie in den kommenden Jahren jährliche Defizite von rund 9,5 Millionen Franken. Der stellvertretende Finanzvorstand Norbert Zeller (Mitte, siehe Kasten) betonte, der Stadtrat habe das Budget noch substanziell verbessert, «aber ein Minus bleibt ein Minus».
Nach einigen Budgetdebatten in Minne ging es am Montag also wieder hart auf hart: Die Rechnungsprüfungskommission hatte nach mehreren Sitzungen und gut 100 beantworteten Fragen 33 Kürzungsanträge gestellt; mit 7 davon war auch der Stadtrat einverstanden. Es ging dabei um Honorare an externe Fachleute (Reduktion um 3000 auf 34 000 Franken), Büromöbel (um 1000 auf 1000 Franken), Unterhalt Tiefbauten (um 5000 auf 125 000 Franken), Drucksachen und Publikationen (um 3000 auf 15 000 Franken), Betriebs- und Verbrauchsmaterial (um 20 000 auf 20 000 Franken), um Dienstleistungen Dritter (um 10 000 auf 22 400 Franken) sowie um Unterhalt Hochbauten und Gebäude (um 60 000 auf 264 500 Franken). Die meisten Sparanträge begründete die RPK mit der Anpassung an die effektiven Kosten 2022 beziehungsweise an frühere Jahre.
Bei den Erträgen korrigierte die RPK die «Gebühren für Amtshandlungen» um 8000 auf 138 000 Franken und mahnte «Budgettreue bei Erträgen!» an.
Wenige für Planungen und Schule
Damit aber war es vorbei mit der Einigkeit. Beim Thema «Raumordnung» wollte die RPK die «Dienstleistungen Dritter» um 25 000 auf 100 000 Franken kürzen. Bauvorstand Bruno Maurer wehrte sich vergebens für das Geld, welches für die «Interkantonale Vereinbarung über die Harmonisierung der Baubegriffe» (IVHB) sowie Projektierungen und Planungen vorgesehen sei; etwa rund um den Bahnhof Glattbrugg sowie im Quartier Rohr/Platten, das wegen des Fluglärms der nahen Piste besonders sorgfältig erneuert werden müsse. «Um ein attraktiver Standort zu bleiben, müssen wir zur Planung genügend Mittel haben.»
RPK-Mitglied Allan Boss (SP) warf in die Waagschale, dass die Stadtplanung in jenen Gebieten über Jahrzehnte vernachlässigt und nur als Zugang zu Zürich behandelt worden sei. «Für den Gegenwert einer attraktiveren Stadt ist es eine günstige Investition.» Auch Helen Oertli (Grüne) sprach sich für eine «saubere und zeitnahe Projektierung» aus.
Björn Blaser (FDP) hingegen fand, dass ein Bahnhof vor allem zweckmässig sein müsse. «Und 25 000 Franken für einen Gestaltungsplan, der noch gar nicht so weit ist, ist etwas viel.» Und RPK-Vizepräsident Beni Baumgartner (SVP) betonte, dass der Stadtrat Mehrausgaben mit der Rechnung begründen könne und sie der Rat dann auch genehmige.
«Weiterbildung sollte nicht im Giesskannenprinzip erfolgen.»
Damit waren die Grenzen gezogen: In den folgenden Einzelabstimmungen stimmte der bürgerliche Block aus SVP/JBL SVP, FDP und Mitte für die Sparanträge der RPK. SP, Grüne und EVP sowie Teile von Gemeindeverein und GLP hielten dagegen. Auch gab es regelmässig Enthaltungen, und bei 34 Anwesenden lautete das Abstimmungsresultat in der Regel 16 oder 18 Ja gegen 13 bis 15 Nein, je nachdem, wie viele sich der Stimme enthielten. Zweimal gab es ein Patt: Bei Weiterbildungen im Schulhaus Glattpark und bei der Tagesschule Gibeleich, die allenfalls ein Jahr später eingeführt wird (16 Ja zu 16 Nein). Hier gab Ratspräsidentin Silvia Messerschmidt (SVP) jeweils Stichentscheid zugunsten der RPK.
Weiterbildung unter Beschuss
Federn lassen musste dabei vor allem die Schule: Der Rat strich im Akkord Weiterbildungen für Lehrkräfte auf die effektiven Kosten von 2022. «Warum steigen diese Kosten jedes Jahr?», fragte RPK-Vize Beni Baumgartner. «Weiterbildung sollte nicht im Giesskannenprinzip erfolgen.»
Jeremi Graf (SP) bezeichnete die Sparübungen als eine Geringschätzung der Arbeit vieler engagierter Lehrkräfte, die ja auch Mangelware seien, und kritisierte die Arbeit der RPK: «Sie hat einfach standardmässig die Zahlen von 2022 eingesetzt, aber diese sind nicht repräsentativ.»
David Sichau (Grüne) machte einen Weiterbildungsrückstand aus, vor allem wegen der vielen jungen Lehrkräfte. «Das sollte man nicht via Budget, sondern über die Reglemente regeln.»
Norbert Zeller (Mitte), Schul- und vorübergehend Finanzvorstand, betonte, dass in den Reglementen von Stadt und Schule Weiterbildung für 1000 Franken pro Mitarbeitende und Jahr vorgesehen seien; die Schule kalkuliere mit 400 Franken, was aber genüge. Eine Streichung der knapp 34 000 Franken im Schulbudget würde zu einer Ungleichbehandlung und zu «Beamtenmonopoly» führen: «Wer zuerst fragt, bekommt die Weiterbildung, die anderen nicht?»
Und er kritisierte die Anträge der RPK als willkürlich: «Das sind Planzahlen aufgrund von Erfahrungswerten. Sie haben sich hier einfach einzelne Schulanlagen zum Kürzen herausgepickt. Wollen Sie diese bestrafen?»
«Wer zuerst fragt, bekommt die Weiterbildung, die anderen nicht?»
Allerdings betrafen die Kürzungen in unterschiedlichem Masse sämtliche Opfiker Schulhäuser, also Lättenwiesen, Mettlen, Glattpark Oberhausen und Halden, wobei der Gesamtschule Halden kein Geld für Weiterbildung, sondern für die Pfannen, Kellen und Teller der beschlossenen dritten Schulküche gestrichen wurde.
Auch für den Budgetposten «Übriger Personalaufwand» wehrte sich Schulpräsident Zeller vergeblich: «Im bewilligten Budget 2023 waren 22 100 Franken für Coachings von Lehrpersonen vorgesehen, die etwa mit schwierigen Eltern an ihre Grenzen stossen.» Dieses sei aber im laufenden Jahr noch nicht ausgegeben und deshalb fürs nächste budgetiert worden – und nun werde es gestrichen. «Was will der Gemeinderat eigentlich?»
Steuerfusserhöhung aufgeschoben
Nun sieht das Opfiker Budget Ausgaben von gut 189 Millionen und Einnahmen von 183 Millionen Franken vor, bei einem Selbstfinanzierungsgrad von 27 Prozent. Nach dem zweieinhalbstündigen Abstimmungsmarathon hatte der Gemeinderat gut 577 000 Franken gespart, den Steuerfuss jedoch auf niedrigen 94 Prozent belassen. Das kritisierte unter anderem Helen Oertli (Grüne), welche eine Diskussion um den Steuerfuss nicht vorauseilend, sondern angebracht fand. «Im Finanzplan steht ziemlich deutlich, dass wir uns das nicht leisten können.» Das Sparpotenzial sei wie gesehen minim, mehr Steuern seien nicht zu erwarten. Ein Zuwarten würde nur eine drastische Erhöhung notwendig machen.
Zwei neue Ratssekretärinnen
Ratssekretärin Sara Schöni wird Ende Januar als Praktikum ihres Studiums einen viermonatigen Lehrauftrag in Madrid übernehmen, ihre Stellvertreterin Elena Fischer gleichzeitig ein Austauschsemester. «Das ist eine tolle Erfahrung», attestierte Lukas Müller (NIO@GLP) den beiden. «Ausserdem betrifft die Abwesenheit nur wenige Sitzungen.»
Mit Anya Wernet, Abteilungsleiterin Präsidiales, und Lara Messerschmidt Sachbearbeiterin in der Stadtkanzlei, würden zwei qualifizierte Stellvertreterinnen zur Verfügung stehen.
Spezieller Rollentausch bei den städtischen Finanzen
Die Stadtratswahl bedeutet für den neu Gewählten einen Salto rückwärts: Vom Chefkontrolleur wird er zum Verantwortlichen der Stadtfinanzen.
Mit Mathias Zika (FDP) wurde der amtierende Präsident der gemeinderätlichen Rechnungsprüfungskommission (RPK) in den Stadtrat gewählt. Und weil keines der amtierenden Stadtratsmitglieder wechseln wollte, hat Zika an der konstituierenden Sitzung vom vergangenen Freitag das freie Ressort Finanzen übernommen. Damit wechselt Zika aber auch seine politische Rolle zum puren Gegenteil: Als RPK-Präsident hatte er die Aufgabe, das aktuelle Budget und die Rechnung der Stadt zu prüfen. Als frisch eingesetzter Finanzvorstand hätte Zika an der Gemeinderatssitzung vom letzten Montag also genau jene Zahlen vertreten, die er in den letzten Monaten als RPK-Präsident überprüft (und kritisiert) hat.
Tatsächlich aber wehrte sich am Montagabend der stellvertretende Finanzvorstand Norbert Zeller für die Gelder, welche die Legislative der Exekutive streichen wollte (siehe Artikel). Der Schulpräsident hatte das zusätzliche Amt nach dem Tod von Valentin Perego (FDP) im Februar übernommen.
Zikas Nachfolger in der RPK muss vom Gemeinderat gewählt werden. Und dies ist erst im März möglich: In der Dezembersitzung wurde das Budget durchberaten, im Januar und Februar finden keine Parlamentssitzungen statt. «Meine bisherigen Aufgaben im Gemeinderat wird deshalb ad interim Benjamin Baumgartner übernehmen», so Zika.(rs.)