Der lauteste Hörtest der Schweiz
Jedes Jahr am ersten Mittwoch im Februar testet die Schweiz ihre Sirenen. Auch in Opfikon heulte es –
und zum ersten Mal seit langem aus zwei Sirenen. Was aber passiert da genau?
Dieses Jahr gibt es in Opfikon eine Premiere: erstmals erschallt über dem Glattpark eine zweite Sirene. Die bestehende auf dem Hochhaus des Alterszentrum Gibeleich vermochte das Stadtgebiet nicht mehr abzudecken. Deshalb hat man auf dem neuen Schulhaus, dem einzigen öffentlichen Gebäude im Neubauquartier, eine zweite Sirene installiert. Technisch gesehen ist es die gleiche wie im Gibeleich, sagt Markus Bechtel. Der Material- und Technikverantwortliche der Feuerwehr ist heute für die Kontrolle dieser Sirene zuständig.
Nachdem er einen Kollegen beim «Gibi» ausgeladen hat, fährt er in den Glattpark und dort in den vierten Stock des neuen Schulhauses. Hier führt eine Treppe hinter verschlossener Tür ins Dachgeschoss. Der grosse, aber niedrige Raum ist vollgestopft mit Lüftungsrohren, Wasserleitungen, Kabelkanälen und weiteren technischen Anlagen. Gleich neben der Treppe hängt der Schaltkasten der Sirene, etwa doppelt so gross wie eine Schuhschachtel. Darin befinden sich ein kleines Display, daneben ein Lautsprecher, einige Knöpfe, Anschlüsse, Stecker und Kabel, ein Schlüsselschalter sowie eine Batterie. Im Türchen des Kastens hängt die Anleitung, was bei einem Fehlalarm zu tun wäre: Den Netz- beziehungsweise Batteriestecker ziehen. «In meinen neun Jahren als Materialwart, ist das aber noch nie passiert», sagt Markus Bechtel.
Er schaut noch einmal auf die Uhr seines Handys. In 6 Minuten, um Punkt 13.30 Uhr, wird zuerst die Kantonspolizei ferngesteuert den Probealarm auslösen. Eine Viertelstunde später wird Bechtel seinerseits den Schlüssel in den Schalter stecken, drehen und so den Alarm ein zweites Mal von Hand auslösen. Dank der Batterie sollte die Sirene auch bei einem Stromausfall ertönen.
Zweite Sirene war nötig
Viele Jahre verfügte Opfikon nur über eine einzige Sirene. Die vorgeschriebenen und immer besseren Lärmschutzfenster und andere Schallschutzmassnahmen an den Häusern halten aber nicht nur den Fluglärm fern, sondern eben auch einen allfälligen Sirenenalarm. Auch deshalb verfügt die Feuerwehr zusätzlich über sechs mobile Sirenen. Diese hat Markus Bechtel am Morgen im Depot getestet. Sie verfügen dazu über einen leiseren Testmodus und werden im Ernstfall auf Fahrzeuge montiert, welche dann bestimmte Routen im Gemeindegebiet abfahren. «Wir machen das jeweils im Frühling, während der Fahrschule», so Feuerwehrmann Markus Bechtel. Nur so erreiche man auch die Hotels am Stadtrand und die Höfe oberhalb des Dorfes auf dem Optiker Plateau. Auch bei der Übung zum neuen Notfall-Treffpunkt («Stadt-Anzeiger» vom 8. September 2022) wurden die Routen mit Lautsprecherfahrzeugen abgefahren und die Leute so darauf aufmerksam gemacht. Mit der neuen Sirene im Glattpark verbessert Opfikon die Abdeckung mit diesem Alarmierungsmittel wieder. Eine weitere Sirene im höher gelegenen Opfiker Chappeleturm, wo heute Mauersegler brüten, wurde schon vor vielen Jahren entfernt.
Alarm aufs Ohr und aufs Handy
Zuständig für die Sirenen ist in der Regel der örtliche Zivilschutz. Den Betrieb der Sirenen ist aber Aufgabe der Feuerwehr, da die Feuerwehr innert Minuten aufbietbar ist, sollte die Bevölkerung schnellst möglich gewarnt werden Koordiniert wird das Sirenenwesen vom Kantonalen Amt für Militär und Zivilschutz, bezahlt werden die Anlagen aber vom Bund. Gemäss Zivilschutzkommandant Reto Haltinner ist die Abdeckung des Signals noch nicht optimal, zwei weitere Sirenen müssten noch aufgestellt werden. Konkrete Ausbaupläne sind aber noch nicht spruchreif.
Nach dem ersten Alarm um 13.30 Uhr hat die Opfiker Sirene fünf Minuten später ein zweites Mal losgeheult, wiederum aus der Ferne ausgelöst von der Kantonspolizei. Inzwischen ist es 13.45 Uhr und Markus Bechtel dreht den Schlüssel. Ein drittes Mal heult draussen die Sirene während einer Minute übers Quartier. Sie ist inzwischen nicht mehr das einzige Alarmierungsmittel. Gleichzeitig mit der Sirenen wurde auch eine Meldung auf die Handy-App «Alertswiss» (siehe Kasten) ausgelöst – und auf die Pager der Feuerwehr – kleine Geräte aus der Vor-Handy-Ära, die Textnachrichten empfangen und anzeigen können. Nach einem Blick darauf bilanziert bilanziert Markus Bechtel: «Alles in Ordnung.»
Sirenen und Alertswiss erfolgreich getestet
Beim schweizweiten Test am vergangenen Mittwoch haben 99 Prozent der über 5000 getesteten stationären Sirenen einwandfrei funktioniert. Die Kantone und Gemeinden sind gehalten, die defekten Anlagen umgehend zu reparieren oder zu ersetzen. Da die Sirenen jedes Jahr getestet und festgestellte Mängel im Anschluss behoben würden, könne die Funktionssicherheit auf hohem Niveau gehalten werden, teilt das Bundesamt für Bevölkerungsschutz BABS mit. Neben den stationären seien in verschiedenen Kantonen auch mobile Sirenen getestet worden (siehe Artikel).
Mit der Auslösung der Sirenen wurde von jedem Kanton auch eine Meldung auf der Alertswiss-Website sowie auf der gleichnamigen Mobile-App ausgelöst. Da es sich um einen Test handelte, wurde eine Meldung der Stufe «Information» verschickt, die auf den Mobilgeräten keinen Sirenenton erzeugt. Für die 26 kantonalen und die nationale Meldung verschickte das System im Rahmen des Sirenentests rund 14 Millionen Push-Meldungen.
Die Alertswiss-App gibt es kostenlos für Android- und für iOS-Systeme. Sie ist downloadbar im Google Play Store und im App-Store von Apple.