«Der Kletterspass auf der Eisenplastik hatte ein baldiges Ende»

Thomas Borowski

Vor 50 Jahren feierte die Schule Lättenwiesen Ende Juni 1974 ihre offizielle Einweihung. Autor Thomas Borowski erinnert sich an seine ersten Schultage in der «Lätte» – und Auszüge aus der Festschrift von damals regen zum Schmunzeln an.

 

 

Ich war mächtig stolz, meine Schulzeit in der nigelnagelneuen Lättenwiesen beginnen zu können. Als Erstklässler kam uns am Eröffnungswochenende vom 29. und 30. Juni 1974 eine besondere Ehre zuteil: Wir durften zarte, in Zeitungspapier eingewickelte Sonnenblumensprösslinge an die Besuchenden verteilen – eine grosse Ehre, wie ich fand, die mir bis heute in bester Erinnerung geblieben ist. Dass wir als Erstklässler die noch nach frischer Farbe und Nadelfilzteppich riechenden Schulzimmer einweihen durften, gehörte zu den weiteren Privilegien, welche unseren Schulstart in der Lättenwiesen so besonders machte.

Zu den Kosten

«Noch nie zuvor hatte eine Gemeindeversammlung über einen Kredit von nur annähernd gleicher Höhe zu entscheiden. ... Die vom Architekturbüro Moser errechneten Anlagekosten von 15,2 Millionen Franken halten einer genauen Prüfung durchaus stand. Günstige Vergleichszahlen mit andern zweckmässigen, keineswegs pompösen Schulhäusern und eine gute Information des Stimmbürgers haben dazu beigetragen, dass der 15-Millionen-Kredit an der Schulgemeindeversammlung vom 26. Oktober 1970 gutgeheissen wurde.» (H. Schlatter, Aktuarin)

In sechs Jahren Primarschule an der «Lätte» lernten wir als Schülerinnen und Schüler die Vorzüge dieser für damalige Verhältnisse sehr modernen Schulanlage schätzen. Man stelle sich vor: In jedem Zimmer gab es einen Hellraumprojektor und eine Leinwand! Die grosszügigen Vorräume für je zwei Schulzimmer wurden für Gruppenarbeiten genutzt. Und in der riesigen Dreifachturnhalle oder auf der grossen Spielwiese war jede Turnstunde mein persönliches Highlight der Schulwoche.

Zur Projektgrösse

«In der heute so schnelllebigen Zeit, wo sich vermeintlich Festes und Unumstössliches unerwartet völlig verändern oder gar in Brüche gehen kann, von Grund auf neu überdacht und aufgebaut werden muss, wird es immer schwieriger, Entscheidungen von grosser Tragweite zu fällen. Bei der Projektierung und beim Bau einer Schulanlage im Ausmass der jetzt glücklich vollendeten Lättenwiesen trifft dies in hohem Masse zu.» (Lorenz Moser, Architekt)

Unvergesslich ist die futuristisch anmutende Kunstinstallation aus farbigen Eisenteilen im Herzen der Lättenwiesen in Erinnerung geblieben. Die mitten auf dem zentralen Pausenplatz errichtete Spielplastik lockte uns Schüler im Eröffnungsjahr jede Pause zu noch tollkühneren Kletteraktionen – gefolgt von ebenso spektakulären Abstürzen und folglich Arm- und Beinbrüchen. Der Kletterspass hatte daher zu unserem Leidwesen ein baldiges Ende: Vom Kletterverbot über die Einzäunung bis hin zur definitiven Entfernung der Kunstplastik  … aber cool war die Kletterzeit für uns auf jeden Fall!

Zum begehbaren Kunstwerk

«Die gewünschte Spielplastik war nicht nur als Schmuck oder ästhetische Schaufigur gedacht. So bemühte ich mich, in unkonventioneller und dynamischer Formensprache ein Aktionszentrum zu schaffen, das dem Schüler in den kurzen Verschnaufpausen vom Unterricht Gelegenheit zu spielerischer Betätigung und Erholung bieten sollte.» (Silvio Mattioli, Künstler)

Mit einem lachenden und einem weinenden Auge erinnere ich mich an die Schulzahnklinik der «Lätte» zurück. Gefühlt alle paar Monate waren wir klassenweise im fensterlosen Zahnputzraum, wo die Praxisassistentin an einem überdimensionalen Gebiss mit ebensolcher Zahnbürste das richtige Zähneputzen demonstrierte. Und es schüttelt mich heute noch, wenn ich an die anschliessende Pflichtbehandlung mit der Fluor-Flüssigkeit von Elmex denke… ganz zu schweigen von den späteren Zahnbehandlungen nebenan. Dafür herrschte wieder Freude, wenn man nach erfolgter Behandlung aus der Schublade beim Ausgang ein Plastiktierchen aussuchen und als Tapferkeitsbelohnung mit nach Hause nehmen durfte.

Zur Schulzahnklinik

«Von allen Räumlichkeiten unserer neuen Schulanlage ist wohl die Schulzahnklinik die einzige, die jedermann ein leichtes Frösteln spüren lässt. (…) Auf der anderen Seite befindet sich der Raum für die Prophylaxe mit den vielen Waschtrögen; hier kann den Kindern das richtige Zähneputzen demonstriert werden.» (Marianne Egli, Lehrerin)