Der Globetrotter von Glattbrugg
Danijel Subotic war ein Weltenbummler, der durch die Länder tingelte. Seit 2023 stürmt er für den FC Glattbrugg – und coacht daneben Nachwuchsspieler. Die Prioritäten des einstigen Partytigers haben sich verschoben.
Und dann steht Danijel Subotic im Nirgendwo von Kuwait City plötzlich in einer riesigen Lagerhalle voller Luxusautos. Der Besitzer sagt ihm: «Wähl aus.» Am Tag zuvor hat Subotic im Cup-Halbfinal zwei Tore erzielt, sein Team Al Qadsia hat dank ihm einen 0:1-Rückstand gedreht. Das hier ist seine Belohnung. Nicht vom Klub, sondern von einem Edelfan, einem Geschäftsmann mit, sagen wir, abgeschlossener Vermögensbildung. Subotic lehnt zunächst ab, eigentlich hat er sich seinen Autotraum mit dem Kauf eines Ferraris ja längst erfüllt. Aber es wäre unhöflich, die Annahme des Präsents zu verweigern. Subotic fährt mit einem Bentley Continental nach Hause, Listenpreis mindestens 200 000 Franken.
Subotic ist ein wandelnder Fundus an Geschichten aus 1001 Nacht, er hat viel erlebt in mehr als einem Jahrzehnt Profifussball. Subotic war ein begabter Stürmer, das Magazin «Zwölf» sah in ihm und seiner damaligen rumänischen Freundin einst die «Beckhams der Schweiz». Er führte ein Leben auf der Überholspur, spielte für 15 Vereine in zehn Ländern und sah die Welt: Aserbaidschan, England, Rumänien, Südkorea, Transnistrien, die Ukraine. Er erlebte Abenteuerliches, Wettbetrug etwa, als ihm der Captain eines Teams einmal beschied, heute bitte keine Tore zu erzielen. Aber er verdiente viel, teilweise siebenstellig, und weil er meist nur Einjahresverträge unterschrieb und deshalb ablösefrei zu haben war, gab es oft reichlich Handgeld. Über die Jahre entwickelte sich das Image, dass Subotic exklusiv an der Höhe des Salärs interessiert ist; das «NZZ Folio» schrieb einmal: «Er hat den Fussball von aller Romantik befreit und ihn roh als Geldmaschine definiert.»
Keine Chance unter Christian Gross
Aber jetzt sitzt Subotic an einem garstigen Montagabend im Klubhaus des FC Glattbrugg. Gerade hat er ein paar Knirpse trainiert, am Nebentisch gönnen sich einige Feierabendkicker ihr verdientes Bier. Subotic ist inzwischen 36, fährt einen Smart und spielt in der regionalen 2. Liga, seit zweieinhalb Jahren schon. Wie kommts? «Wie viel Geld ist genug? Irgendwann hat man es gesehen. Ich geniesse meinen fussballerischen Ruhestand. Keinen Druck mehr zu haben. Und mit den Jungs ein Bierchen zu trinken. Das ist Lebensqualität», sagt Subotic.
In seiner Aktivzeit war er ein Getriebener, der es nicht mit sich selbst vereinbaren konnte, wenn er nach den Trainings nicht als Letzter den Platz verliess. Heute ist der Fussball ein Hobby, auch wenn er ihm unverändert sehr viel bedeutet: Nachdem er Anfang November in der 2. Liga eine Gelbsperre absitzen musste, half er in der zweiten Mannschaft aus, 4. Liga, weil das immer noch besser ist als ein Wochenende ohne Fussball.
Subotic ist in Basel aufgewachsen, beim FCB galt er als vielversprechendes Talent, das an Eren Derdiyok gemahnte – etwas weniger flink, dafür mit besserer Technik. Er war Schweizer Juniorennationalspieler, aber unter dem Coach Christian Gross wurde er nie für die erste Mannschaft berücksichtigt, auch im Training nicht. Also zog er 2008 weiter, nach Portsmouth, von wo aus seine grosse Fussballodyssee begann. Sie endete 2020 bei GC in der Challenge League, wo sein Vertrag nicht mehr verlängert wurde. Ein letztes Abenteuer wollte er sich da noch gönnen: China. Ein Dreijahresvertrag lag bereit, dotiert mit mehr als einer Million Franken total. Doch Corona machte ihm einen Strich durch die Rechnung – er konnte nicht einreisen. Und beendete kurz darauf die Karriere.
Würde er mit ein paar Jahren Abstand etwas anders machen? «Es war eine spannende Zeit, ich habe viel erlebt und gutes Geld verdient», sagt Subotic. Er klingt zufrieden. Dann ergänzt er: «Wahrscheinlich hätte ich England nicht so schnell verlassen sollen. Aber sonst waren die Wechsel alle in Ordnung. Ich bin im Leben früh auf die Schnauze gefallen und war auf mich alleine gestellt. Aber ich habe mich durchgebissen. Und all die Stationen haben mir geholfen, meine Persönlichkeit zu entwickeln, dafür bin ich dankbar.» Störte ihn sein Image als geldgetriebener Söldner? «Überhaupt nicht. Wenn die Leute so viel Zeit haben, sich an mir abzuarbeiten, dann haben die grössere Probleme als ich», sagt er.
Bald macht er seine Beraterlizenz
In diesen Tagen beschäftigt er sich weniger mit der Vergangenheit als mit der Zukunft. Mit seinem sieben Jahre jüngeren Bruder Dejan, einem Ex-Stürmer des FC Glattbrugg, betreibt er eine Fussballschule. «Wenn ein Vater zu mir kommt und erzählt, wie gerne sein Sohn mit mir arbeitet, dann ist das sehr erfüllend», sagt Subotic. Er ist daran, seine Trainerdiplome zu machen. 2026 will er sich zudem als Berater lizenzieren lassen – man kann ihn sich gut in dieser Rolle vorstellen, er spricht viele Sprachen und hat über die Jahre allerlei Kontakte geknüpft. Er sagt, er wisse nicht, wo sein Lebensmittelpunkt mittelfristig liegen werde. Vielleicht ist es auch unerheblich, bei einem wie ihm, der sich überall auf der Welt zurechtfinden kann.
Dem FC Glattbrugg wird er zumindest für den Rest der Saison erhalten bleiben. «Die Jungs sagen mir immer, dass ich auch mit 40 noch hier sein werde. Und vielleicht haben sie recht», sagt Subotic, den allerdings Knieprobleme plagen. Am Samstag hat Glattbrugg mit einem 2:1-Heimsieg gegen den FC Herrliberg die Hinrunde beendet, das Team liegt auf Platz 4. Subotic hat fünf Tore beigesteuert, einen Bentley hat ihm hier noch niemand offeriert. Es scheint nicht so, als würde ihn das stören; Subotic sagt: «Meine Prioritäten haben sich verändert, Party und Statussymbole sind nicht mehr wichtig. Irgendwann wird man erwachsen.»