Der EHC Kloten wie Phönix aus der Asche
Der EHC Kloten lebt doch noch: Bis vor dem letzten Weekend von der Konkurrenz durchgereicht – und nun nach einem makellosen Derby-Wochenende wieder bis auf drei Punkte an den zwölftklassierten Rapperswil-Jona Lakers dran.
Erstmals in der laufenden Saison konnten die Flughafenstädter zweimal in Folge innerhalb von 60 Minuten gewinnen – und dies ausgerechnet in den Derbys gegen die ZSC Lions. Weshalb nicht öfter so? Dies muss man sich fragen, wenn man ein wie verwandelt wirkendes Kloten in den letzten beiden 3:1-Derby-Siegen gegen die ZSC Lions gesehen hat.
Viel Dynamik und Zug aufs Tor, tolle Stimmung mit Szenenapplaus und stehenden Ovationen – in Kloten herrschte ausgelassene Partystimmung. Wer hätte dies vor drei Wochen noch gedacht – nach jenem blutleer-trostlosen Tiefpunkt-Auftritt bei der 0:4-Heimniederlage gegen Biel. Der Anteil des seit einigen Tagen hinzugezogenen Mentaltrainers Daniel Hornecker wollte Klotens Team-Berater Jeff Tomlinson noch nicht überbewerten. «Diese Derbys spielen sich von selbst», ist Klotens kanadischer Ex-Trainer überzeugt.
Dennoch: Die Zürcher Unterländer erhoben sich wie Phönix aus der Asche. Wie hatte Verteidiger Leandro Profico gegenüber dem «Klotener Anzeiger» aber schon davor versprochen: «Für uns ist nun jede Partie ein Derby.» Es war auch eine Ankündigung oder gar Versprechen, dass Derby-Erfolge nicht wie das 4:2 von Anfang November diesmal überdauern sollen. Die gegen die Lions demonstrierte Hockey-Leidenschaft vom letzten Wochenende ist nun die Vorgabe für eine nachhaltigere Konstanz zum Guten.
Invidual-Inputs vom Mentaltrainer
Und dafür könnten sich Horneckers Dienste als wertvoll erweisen für Spieler, die entsprechende Einzelgespräche mit ihm führen. Gerade in Hockeykreisen gilt Hornecker als absoluter Top-Fachmann. NHL-Superstar Roman Josi schwärmte von seinem eigenen, durch die Zusammenarbeit entstandenen Leistungssprung, der ihn zu noch mehr Selbstvertrauen und Konstanz und schliesslich gar dem Gewinn der Norris-Trophy als besten NHL-Verteidiger führte.
Andere Spieler auch mit Klotener Vergangenheit hat Hornecker während Jahren betreut und deren Persönlichkeit nachhaltig gestärkt oder positiv mitgeformt – in und ausserhalb des Eisrinks. «Der Sportler reflektiert selbst, was gut oder falsch ist», betont Hornecker. «Der Mensch hat 60 000 bis 80 000 Gedanken pro Tag», weiss er.
Verhaltensmuster, Denkstrategien, Fokussierung – all dies sei beeinflussbar. Josi sagte im Zusammenhang mit der Arbeit mit Hornecker, dass er sein bestes Hockey deshalb habe abrufen können, weil er auch Tools für schwierige Situationen gehabt habe. Ein Teil davon war die tägliche Visualisierung mittels einer simplen Zielnotiz.
Wichtig zu wissen ist, dass Hornecker in Kloten nicht das gesamte Team betreut, sondern nur individuell mit jenen Akteuren Gespräche führt, die selbst entsprechenden Austausch und Feedback von ihm beziehungsweise durch ihn wünschen.
Morley als Dosenöffner
Ob Tyler Morley sich bereits unter Klotens Spielern befindet, die Horneckers Dienste beanspruchen, wollte der kanadische Stürmer selbst nicht sagen. «Das ist für mich zu persönlich.» Der 32-jährige Stürmer war im Doppel-Derby gegen die ZSC Lions mit seinen Saisontoren 7 bis 9 (Doppeltorschütze inklusive Siegtor am Samstag, dazu Shorthander zum 1:0 am Sonntag) auf jeden Fall Klotens Mann des Weekends. Zusammen mit dem bärenstarken finnischen Goalie Juha Metsola, der endlich wieder einmal an seine überragenden Leistungen vom Vorjahr anknüpfen konnte, sorgte Morley für die von den Imports so lange herbeigesehnten und matchentscheidenden Impulse.
Morley betonte: «Diese sechs Punkte sind riesig für uns. Aber es ist klar, dass dies möglich ist, wenn wir schlau agieren. Und einfach sowie zusammen spielen.» Wenn man strauchle, sei es immer schwer rauszukommen. «Doch wir haben Geduld aufgebracht und an den Prozess geglaubt. Wir waren immer überzeugt, dass es nur eine Frage der Zeit sein würde, bis wir wieder erfolgreich sein könnten», so Morley weiter.
Von seiner Spengler-Cup-Teilnahme mit dem Team Canada in der Altjahrswoche habe er zudem durchaus viel mitnehmen können. So habe er zahlreiche taktische und spielerische Inputs und Eindrücke in Davos gesammelt – sei dies vom Verhalten von Teamkollegen oder Gegenspielern. «Und für mich ging ein Traum in Erfüllung, einmal in meinem Leben im Trikot mit dem Ahornblatt auflaufen zu dürfen.»
Schäppis Ausblick
Apropos auflaufen: In den nächsten zwei Saisons wird bekanntlich der frühere Nationalstürmer Reto Schäppi von den ZSC Lions neu für Kloten stürmen. Schäppi soll seine Erfahrung einbringen und auch mithelfen, junge Mitspieler zu führen beziehungsweise besser zu machen. Er möchte in Kloten «ein Benefit für das Team werden», wie er es gegenüber dem «Klotener Anzeiger» formuliert.
Nachdem Schäppi am Samstag in Zürich noch verletzt gefehlt hatte (Rücken), figurierte er am Sonntag im Line-up der Lions und führte als Center deren vierten Block an. Schäppi kam auch wiederholt in Unterzahl zum Einsatz. Er lobte Kloten. «Sie waren wie am Samstag sehr stark. Und sie wuchsen sicher auch etwas über sich hinaus. Aber für uns ist es enttäuschend. Wir haben es nicht zustande gebracht, Wege und Lösungen zu unseren Gunsten zu finden.»
ZSC-Captain Patrick Geering polterte gar noch mehr nach dem ersten Spiel, als die ZSC Lions mit Ersatzgoalie Robin Zumbühl statt mit Star-Keeper Simon Hrubec agierten und den Kürzeren zogen. Geering bezeichnete die (un-)bissige Vorstellung der Löwen als «Skandal, den wir abgeliefert haben». Solche Töne waren indes auch unlängst noch in Kloten, vorab nach dessen 0:4-Heimniederlage gegen Biel am 5. Januar, zu hören gewesen. Aktuell sieht es für Kloten nun aber wieder rosig aus.
Und dazu noch eine Randnotiz in Sachen künftiger Benefit für Kloten: Mit Luganos Verteidiger Bernd Wolf glänzte am Wochenende ein anderer Klotener Neuzugang auf die nächste Saison hin mit drei Toren, darunter zwei Gamewinnern in zwei Spielen gegen den SC Bern. Der Österreicher mit Schweizer Lizenz könnte sich also auch als guter Fang von Klotens Sportchef Larry Mitchell entpuppen.
Kloten nun in der Bringschuld
Nach der Derby-Doppel-Gala ist für Kloten eine Bestätigung erforderlich, um sich definitiv für den Kampf um den 12. Rang zurückzumelden. Und zwar nicht nur in der selbst bevorzugten Underdog-Rolle in den nächsten zwei Heimspielen vom Freitag gegen Zug und vom Dienstag gegen Genève-Servette, sondern gerade auch im Auswärtsspiel vom Samstag im Pruntrut gegen das ungemütliche Ajoie; also wenn keine Kür wie gegen die ZSC Lions, sondern knallharte Pflicht gegen überaus bissige Jurassier auf dem Programm steht.
«Kür-Champion» und Kloten – das hat eben etwas. Drei von vier Duellen und dazu noch in Folge hat man gegen den meistgenannten Titelfavoriten ZSC Lions gewonnen. Dann in der laufenden Saison schon einmal den Champions-League-Finalisten und Meister Genève-Servette sowie zweimal dessen Meistertitel-Vorgänger EV Zug und einmal Leader Fribourg-Gottéron besiegt. Aber gegen Ajoie gab es nur einen Sieg aus bislang drei Duellen. Und gegen Langnau und Ambri-Piotta hat man in allen drei bisherigen Spielen keinen Punkt gewonnen.
Diese «Blockade» gilt es nun am Samstag in Pruntrut zu überwinden. Vom letzten Duell beim Tabellenletzten im Jura kehrten die Zürcher Unterländer mit einem 2:5 zurück.