«Bubenholz» soll Namen gerecht werden
Mit dem «Bubenholz» hat Opfikon nicht nur ein neues Schulhaus, sondern auch ein neues Unterrichtskonzept erhalten: Statt in Klassenzimmern lernen Kinder unterschiedlichen Alters gemeinsam in mehreren Räumen. Aber auch der Bau der Turnhalle auf dem Autobahndeckel war für viele Neuland.
Diesmal stimmte die Reihenfolge: Die Schülerinnen und Schüler, die Lehrkräfte und das Hauswartspersonal, welche es täglich nutzen, betraten das neue Schulhaus Bubenholz als Erste, bereits im August. Das «offizielle Opfikon» – Mitglieder von Gemeinde- und Stadtrat sowie der Verwaltung, aber auch Architekten, Planer und weitere Beteiligte – durften es am Freitag vergangener Woche besichtigen; die gesamte Bevölkerung war dann am Samstag eingeladen.
Die Verzögerung hatte ihren Grund: Die Turnhalle wurde erst nach den Herbstferien fertig. Sie zeigt exemplarisch die Herausforderungen beim Bau von Opfikons neuester Schulanlage: Sie steht teilweise auf dem Autobahndeckel. Das brachte gleich mehrere Schwierigkeiten mit sich: Keine Kellerräume, eine besonders leichte Bauweise mit wenig Beton und viel (Schweizer) Holz sowie viele Abklärungen mit dem Bundesamt für Strassen Astra, dem die Autobahn darunter gehört. So steht das ganze Gebäude gleichsam auf Zapfen, damit es nicht seitlich verrutschen kann; gebohrte Verankerungen liess der Bund nicht zu.
«Lernlandschaften» im Lehrplan 21
Ebenso ungewöhnlich wie die Turnhalle ist auch das Schulhaus selbst, das neben der Autobahnüberdeckung steht: Anstelle von Klassenzimmern gibt es altersdurchmischtes Lernen in «Lernlandschaften» aus mehreren Räumen, die sich mehrere Kinderjahrgänge teilen und in denen die Kinder motiviert, in ihrem Tempo und entsprechend ihrer Entwicklung spielen und gleichzeitig lernen können, wie Co-Schulleiterin Bea Abegg auf einem Rundgang erläuterte; keine Opfiker Erfindung, sondern im Zürcher Lehrplan 21 als Möglichkeit so vorgesehen. Rund um die zentrale «Spiel- und Lernlandschaft» gibt es eine Garderobe, einen grossen Kindergartenraum, einen für Zahlen, einen fürs Lesen, einen für Bewegung, für Ruhe und fürs Coaching. Betreut werden diese Räume von jeweils drei Lehrpersonen.
Schulpräsident Reto Bolliger zeigte sich «stolz», dies alles zu präsentieren, und betonte, wie gut sich das Gebäude zwischen Wald und Wohnquartier eingliedere und sich die Teams auf diese neue Art des Unterrichtens vorbereitet hätten. Der Start sei sehr gut gelungen, auch wenn dies «kein normales Schulhaus» sei. «Und es freut mich, dass wir viele Lehrpersonen des Schulhauses Mettlen dafür begeistern und sie hierher mitnehmen konnten.» Einige Klassen wurden temporär von dort hierhin verlegt, um sanieren zu können. Dass der Turnunterricht bis zu den Herbstferien draussen stattgefunden habe, sei angesichts des Wetters zu verkraften gewesen.
«Koordination und Geduld» nötig
Liegenschaftsvorstand Mathias Zika, dessen Abteilung im Auftrag der Schule gebaut hat, sah das Schulhaus an «schweizweit einzigartiger Lage – über der A51» und skizzierte die 6 Jahre bis hierhin: Nach einigen Grundsatzentscheiden und einem Ideenwettbewerb wurde Anfang 2020 das Projekt von Adrian Streich Architekten ausgewählt, Ende desselben Jahres der Projektierungskredit über 1,2 Millionen vom Gemeinderat bewilligt, 2022 der Baukredit von 30,1 Millionen deutlich vom Stimmvolk beschlossen und das eigentliche Schulhaus innert dreier Jahre aufs laufende Schuljahr fertiggestellt. «Das waren gut 6 Jahre sorgfältige und komplexe Vorbereitungen», so Zika. Komplex deshalb, weil es nicht auf städtischem Boden, sondern «auf dem Beton des Bundes» steht, was «Koordination und Geduld» bedurfte. «Wegen der darunterliegenden Autobahn gibt es hier unter der Turnhalle keine unterirdischen Anlagen; trotzdem haben die Planer das Optimum herausgeholt und die Kosten eingehalten.»
Architekt und Projektleiter Philippe Vaucher fand die gestellte Aufgabe interessant, mit einem Schulhaus eine Brücke zu schlagen. Besonders schätzt er «den freien Blick auf 550 Meter linearen Grünraum» – den Bubenholz-Park, der sich über den Rest des Autobahndeckels zieht. Die gefaltete Fassade des Schulhauses biete aber nicht nur diesen schönen Ausblick, sondern lasse durch die vergrösserte Fläche auch mehr Licht ins Haus. Dass der Schultrakt und damit die Räume zum Park in einem 45‑Grad-Winkel stünden, ermögliche neue, diagonale Blickverbindungen und damit Vernetzung. Und natürlich erlaube der separate Bau eine Nutzung auch ausserhalb der Schule.
Der leichte Turnhallenbau stützt sich ausschliesslich auf die Seitenwände und die Mittelwand des Tunnels ab. Beton wurde nur verwendet, um die Spannweiten zu schaffen; ansonsten wurde viel Holz verwendet. Auf dem Dach erzeugt eine Solaranlage Strom, und die meisten technischen Anlagen sind offen entlang der Decken und damit leicht zugänglich geführt.
Diesmal wenig Widerstand
Stadtpräsident Roman Schmid freute sich, dass er in dieser Legislatur nach dem Glattpark schon das zweite Schulhaus dem Betrieb übergeben könne. «Hier war vieles anders», sagte Schmid, dessen SVP beide Schulhäuser bekämpft hatte: Ein Referendum gegen das «Bubenholz» kam – im Gegensatz zum «Glattpark» – nicht zustande. Auch verlief der Abstimmungskampf relativ ruhig, woran er selber «nicht ganz unschuldig sei». Und zum Dritten sei die Planung sehr gut, schnell und effizient verlaufen – auch wenn es auf den letzten Drücker fertig geworden sei. «Aber das Strahlen der Kinderaugen entschädigt für vieles», weiss der Familienvater.
Die Zukunft im Einmachglas
Politisch habe Opfikon mit diesem Schulhaus vor langer Zeit Weitsicht bewiesen: «Im Herbst 2004 sprach der damalige Stadtrat Walter Epli davon, dass die Narbe der Flughafenautobahn geschlossen sei und Opfikon-Glattbrugg dank dem Autobahndeckel nun zusammenwachsen könne. Das darauf gewonnene Land (welches von der Stadt mitfinanziert worden war) wurde der Zone für öffentliche Bauten zugeschlagen und konnte so später für dieses Schulhaus ausgeschieden werden.»
Auch auf dessen Namen ging der gebürtige Opfiker ein: Das benachbarte Wäldchen «Bubenholz» trage seinen Namen deshalb, weil in früheren Zeiten die Buben der umliegenden Bauernhöfe mitarbeiten und etwa Brennholz besorgen mussten. Mangels körperlicher Kraft holten sie jeweils Kleinholz oder allenfalls junge Bäume aus diesem Wäldchen am Hang, so dass es gar nie zu einem richtigen Wald anwachsen konnte.
Als naturverbundener Gartenbautechniker freute er sich zudem über die Namensgebung der verschiedenen Schulgruppen und sammelte entsprechend Samen von Ahorn, Linde, Hasel, Fichte, Esche, Kastanie und Eiche. Das Glas «mit 283 Gramm lebendem Glück» übergab er den Schulleitenden Bea Abegg und Mike Hanusch mit dem Vorschlag, bis im Frühling geeignete Plätze dafür zu finden. Dann sollen auch die Umgebungsarbeiten abgeschlossen sein und das «Bubenholz» so eine Aussenanlage erhalten, die dem Namen gerecht wird.