«Wir denken zu viel – und treffen zu wenig»

Richard Stoffel

Verwaltungsratspräsident Jan Schibli (54) äusserte sich im Interview mit dem «Klotener Anzeiger/Stadt-Anzeiger Opfikon» ausführlich zur bislang eher unbefriedigend verlaufenen Saison des EHC Kloten.

Die Statistiken wie Faceoff, Powerplay und Penaltykilling sind zwar verbessert gegenüber der Vorsaison, aber die Punkte nicht. Es sind 13 weniger als im Vergleich zum Vorjahr vor der zweiten Länderspielpause, wobei Kloten damals noch ein Spiel weniger ausgetragen hat. Wie ordnen Sie dies ein?

In der Vorsaison gewannen wir viel mehr mit einem Tor Differenz (18 in der Qualifikation, drei im Playin und eines im Playoff-Viertelfinal – Red.), in dieser Saison verlief es oft umgekehrt (bislang zehn Spiele mit einem Treffer Unterschied verloren – Red.). Im Vorjahr spielten wir uns in einen Flow hinein, es wurde überperformt. Und dann war da noch Topskorer Miro Aaltonen (Ende letzten Jahres trennte man sich von ihm nach einem positiven Doping-Befund auf Kokain – Red.), der in dieser Phase seinen Anteil als Goalgetter dazu leistete. Nun denken wir zu viel nach, um ein Tor zu machen. Und wir performen nicht mehr über unseren Verhältnissen. Das ist der Zustand des Teams, das sich in einem physischen Top-Zustand befindet. Wir hatten auch ein paar Wechsel, die budgetbedingt sind. Wir können uns gewisse Transfers einfach nicht leisten.

In der vorletzten Saison befand sich Kloten am Ende der Regular Season auf dem vorletzten Rang und musste nur nicht die Playouts gegen Ajoie bestreiten, weil in der Swiss League kein aufstiegsberechtigtes Team den Final erreichte. Weshalb sehen Sie diese Gefahr heuer nicht?

Ich sehe da sportlich und strukturell überhaupt keine Parallelen. Die Struktur hatte da gefehlt. Die Stabilität im Spiel selbst fehlte. Damals waren wir wirklich nicht gut. Auch von der Führung her. Jan Sommerhalder und ich (die beiden führten damals gemeinsam das Verwaltungsratspräsidium – Red.) waren damals neu. Es war ein Findungsprozess, auch für uns. Von dem her bin ich inzwischen viel gelassener und vertraue auch dem jetzigen Führungsteam im sportlichen Bereich – unabhängig der Tabellenlage. Wir werden weiterhin um die Playin-Plätze kämpfen. Oder, wenn es sein muss, auch gegen den Abstieg. Doch diesbezüglich habe ich keine Sorgen. Im Vergleich zur Vorsaison muss ich noch anfügen: Wir wollten besser werden in Unter- und Überzahl und stabiler in der Defensive. Abgesehen von den erreichten Punkten stehen wir diesbezüglich überall besser da. Unser Problem ist wirklich das Toreschiessen. Das ist das Hauptproblem.

Die Statistiken sind schon besser, aber teilweise auch ein wenig trügerisch. Denn in Überzahl gab es ja bis zur zweiten Länderspielpause auch vier Gegentore...

Dies darf nicht passieren. Da sind wir uns intern völlig einig.

Was spricht genau dafür, dass Trainer Lauri Marjamäki so oder so mindestens bis zum Ablauf seines Vertrages am Ende der nächsten Saison unangetastet ist und vielleicht gar darüber hinaus bleiben wird?

Ganz einfach. Wir haben beschlossen, dass wir gemeinsam einen Weg gehen. Mit der sportlichen Führung auch. Lauri entwickelt die Spieler. Schade, dass ein Simon Meier die Saison verletzungsbedingt nicht bestreiten kann. Oder dass ein Junger wie Mischa Ramel vielleicht ein bisschen zu viel nachdenkt nach seiner formidablen Vorsaison. Aber genau deshalb braucht es Kontinuität in der Führung durch den Trainer. Und ich schätze Lauri sehr als Mensch. Er ist enorm selbstkritisch. Ich selbst muss ihn da jeweils sogar ausbremsen, dass seine Selbstkritik nicht zu stark ist. Und er will Erfolg. Er hatte diesen Erfolg. Aber wenn man an die erfolgreiche Vorsaison zurückdenkt, muss man auch zugeben, dass damals der Januar katastrophal verlief (neun Niederlagen in 13 Spielen vom 2. Januar bis 1. Februar – Red.). Danach konnten wir uns wieder etwas retten. Von dem her sage ich: Es spricht alles für ihn. Alles! Vor allem auch die Entwicklung, die er bei den Spielern herbeiführt.

Gäbe es dennoch eine Tabellenlage oder einen Punktestand, wo die Situation kritisch würde?

Nein!

Zu Saisonbeginn wurden fünf Imports ausgetauscht. Es war laut der sportlichen Führung eine Strategie dahinter, aber teilweise waren es ja auch wirtschaftliche Zwänge.

Wirtschaftliche Zwänge sind es schon. Wir sagten auch ganz klar, dass wir junge und entwicklungsfähige Spieler wie Petteri Puhakka verpflichten wollen. Er hatte in den ersten zehn Spielen viel gepunktet und hadert nun mit sich selbst. Und das ist normal, dass man mit jungen Spielern ein solches Thema hat. Der EHC Kloten ist nun mal einfach nicht die ZSC Lions oder der HC Davos, die über andere finanzielle Möglichkeiten verfügen. Ich weiss nicht, was die Leute jeweils für Vorstellungen haben. Wir kommen von einem Minus von rund 3,2 Millionen Franken vor rund drei Jahren. Dies muss einfach nochmals betont werden. Und das ist vielen nicht klar bei unserem Weg. Wir haben eine Strategie für die nächsten fünf Jahre. Man wird den Erfolg dann sehen. Und dann gibt es Entscheide beim Spielerpersonal. Es ist besser, als wenn man sich nicht entscheidet. Aber ich kann keine Namen nennen. Das wäre das Gleiche, wie wenn ich über Löhne sprechen würde. Ich kann aber sagen, dass man einen Sami Niku, der schon nach seinen ersten Meisterschaftswochen des Vorjahres in Lausanne unterschrieb, nie hätte halten können. Ich weiss nicht, ob er dort das Doppelte erhält. Aber wir können uns dies einfach nicht leisten.

Genau solche Fragen kommen immer wieder auf.

Weil wir ein Entwicklungsklub sind, kommen junge Spieler zu uns und hoffen, dass sie bei uns beispielsweise einen Einjahresvertrag unterschreiben, um sich dann für mehr zu empfehlen. Das sind die Freuden und Leiden des EHC Kloten.

Brandon Gignac ist kein junger Entwicklungsspieler mehr, fehlt nun aber erneut verletzt. Er fiel bereits im Vorjahr in Nordamerika verletzt aus und erhielt dennoch einen Zweijahresvertrag.

Er absolvierte und bestand bei uns alle medizinischen Tests. Damit müssen wir jetzt leider umgehen können.

Was muss in den nächsten Wochen ersichtlich sein, damit Sie feststellen können, dass sich Kloten trotz Punktedefizit auf dem richtigen Weg befindet?

Gut, Sie sahen unsere Spiele. Wir hatten vielleicht höchstens drei katastrophale Spiele in dieser Saison. In allen anderen waren gute Sachen vorhanden. Dass wir das letzte Spiel gegen Ajoie daheim mit 2:3 verloren haben, lag am verpatzten Start. Im letzten Drittel kamen wir auf 17 Torschüsse. Da hätte mehr herausschauen müssen. Wir müssen den Gegner wieder überraschen. Unser Spielsystem war im Vorjahr einzigartig in der National League. Die Gegner konnten uns schwer ausrechnen. Nun sind sie aber auf uns eingestellt. Zuletzt gewannen wir das umkämpfte Heimspiel gegen Ambri. Genau solche Siege müssen wir künftig holen. Wir müssen hinten gut stehen und wenig Gegentore zulassen. Dass wir künftig viele Tore schiessen werden, wird sich nicht von heute auf morgen ändern.

Was sind die konkreten Zielsetzungen bis zum Ende der Qualifikation?

Der grosse Wunsch ist, dass wir im Playin stehen. Dafür ist es nun erforderlich, den Abstand möglichst zu verkürzen. Wir sind nur wenige Punkte davon entfernt.

Der direkte Klassenerhalt, also die Plätze 11 und 12 ohne Saisonfortsetzung, wäre auch schon ein Erfolg?

Unser Ziel ist das Playin. Damit ich dies klar gesagt habe.

Und dafür sehen Sie die Qualität vorhanden – trotz vielen Änderungen und Verletzungen?

Die Qualität ist ausreichend vorhanden für das Playin.

Mit Axel Simic verlässt Kloten am Saisonende einer der torgefährlichsten Spieler. Wie wird er ersetzt?

Wir haben da schon Wege eingeleitet, da sind wir schon lange dran. Dazu kann ich mich im Moment aber nicht weiter äussern.

Zu den beiden neuen Torhütern Davide Fadani und Ewan Huet.

Wenn ich sehe, was die beiden mit wenigen, geringfügigen Aussetzern geleistet haben, ist dies für mich wahnsinnig. Es ist für mich ein bisheriges Highlight dieser Saison.

Und mit Reto Berra stösst nächste Saison ein prominenter Name zu Kloten.

Berra hatte nicht das beste Angebot angenommen, damit das klargestellt ist. Er ist eine Riesenfigur. Wir brauchen Spieler, die Erfolg hatten. Wir brauchen Erfahrung auf der Goalie-Position. Die beiden Jungen sind bereit, aber sie sind noch nicht bereit, eine ganze Saison durchzuziehen. Und da haben sie mit Reto Berra ein Vorbild. Und für das ganze Team ist er in Spieler, zu dem andere aufschauen können werden. Weil er grosse interna­tionale Erfolge feierte. Ein solches Vorbild braucht man. Ich freue mich auf ihn.

Zu den Zuschauerzahlen noch ...

Das ist ein Ärgernis. Wir können tun und machen, was wir wollen. Wir können die tollste Saison haben, und dennoch kommen nur spärlich mehr Zuschauer. Heuer hatten wir noch das Thema Stehplatz Schluefweg. Es ist ein ewiger Dialog mit diesen Fans. Ich will keinen Vandalismus und keine Gewalt. Dafür stehe ich ein. Das ärgert mich jedes Mal kolossal. Wir befinden uns aber in einem sehr guten Dauer-dialog mit den Fans.

Welche Projekte beschäftigen und fordern Sie aktuell als VR-Präsident?

Die Finanzierbarkeit des Klubs, das Defizit möglichst zu verringern. Und dass wir endlich wieder mal etwas in der Kasse haben, das wir investieren können in den Sport. Und dann noch das Dauerthema mit der Stadt und dem Stadion.

Was macht Ihnen am meisten Freude, und welche Sorgen beschäftigen Sie?

Am meisten freut mich, wenn mir Leute sagen, wir seien eine Familie. Und die Entwicklung der jungen Spieler. Das sehe ich auch in meinem Geschäft mit über 100 Lehrlingen. Sorgen habe ich, dass wir sportlich in eine Negativspirale geraten könnten, die man nicht mehr stoppen kann. Aber das ist aktuell weit weg. Das letzte Heimspiel gegen Ambri mit vielen Fans und dem Familientag war mir sehr positiv in Erinnerung.

Gwunderbrunnen

30.03.2026 - 14:00
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