«Ich gebe in der Reha alles, ummöglichst bald wieder fit zu sein»
Für die ZSC Lions war es eine historische Saison, für Ex-Klotener Denis Hollenstein eine zum Vergessen. Der ZSC-Stürmer spricht über seine Verletzung, die überraschende Vertragsverlängerung und seine Rolle als Vorbild.
Die Ränge der Swiss Life Arena sind fast leer, nur ein paar Journalisten verfolgen das Training mit Kamera und Stativ. «Chömed Jungs, guet so, witer!», ruft Trainer Marco Bayer über das Eis. Ein kleiner Check, ein kurzes Wortgefecht, ein Lachen. Die Stimmung scheint gut zu sein – kein Wunder: Die ZSC Lions blicken auf eine historische Saison zurück, mit Meistertitel und Champions-Hockey-League-Triumph. Doch einer fehlt im Training: der Ex-Klotener Denis Hollenstein. Der Flügelstürmer arbeitet täglich hart an seinem Comeback. Eine Unterkörperverletzung warf ihn in der vergangenen Saison zurück, einzig ein Einsatz in der Champions Hockey League blieb ihm vergönnt. Umso überraschender kam die Nachricht, dass der ZSC seinen Vertrag um ein weiteres Jahr verlängert hat. Per Telefon erreichen wir den ZSC-Stürmer.
Denis Hollenstein, wie geht es Ihnen und wie verläuft die Genesung nach Ihrer Verletzung?
Es geht mir besser und ich bin hart am Arbeiten, damit ich wieder zurückkomme.
Auf dem Eis merkt man nach so einer Verletzung ja doch noch Einschränkungen, auch im Kopf. Wie erleben Sie das?
Ja, sicher, es war für mich nicht ganz ein einfaches Jahr mit dieser Verletzung. Es ist etwas sehr Komplexes. Darum muss man auf den Körper hören und Schritt für Schritt gehen und Freude an den kleinen Fortschritten haben, die man macht.
Wenn man zurückschaut auf Ihre persönliche Saison, dann war das etwas zum Vergessen. Wer oder was hat Ihnen in dieser Zeit Halt gegeben?
Auf jeden Fall meine Familie, meine Frau, meine Kinder, meine Eltern, mein Bruder. Auch die Mannschaft, bei der ich jeden Tag in der Eishalle war, hat mir viel Halt gegeben. Ich habe mein Reha-Programm gemacht, war an den Spielen dabei. Es war wichtig, dass die Leute da waren und man nicht allein gelassen wird.
Wenn man die Bilder der Siegesfeier sieht, hat man das Gefühl, Sie waren da vorne mit dabei. Was war das für ein Moment für Sie?
Ja, sicher. Ich hätte gerne auf dem Eis geholfen, aber wenn es nicht geht, dann geht es nicht. Die Umstände waren so, dass ich nicht mitspielen konnte. Das war natürlich sehr hart. Aber ich war sehr glücklich, dass wir das geschafft haben. Es war ein sehr schönes Jahr, aber persönlich natürlich auch kein einfaches.
Nach so einer Saison, in der alles gewonnen wurde: Wie motiviert man sich nochmals?
Ich glaube, das ist in der Natur des Sportlers, dass man immer gewinnen will. Wir wissen auch, dass wir die Gejagten sind. Jeder will das perfekte Spiel gegen uns spielen. Das ist ein Ansporn für uns, unser Level weiter zu steigern und noch besseres Hockey zu spielen. Für mich persönlich ist es die Motivation, wieder zurück aufs Eis zu kommen. Das, was ich am liebsten mache, wieder ausüben zu können, treibt mich an.
«Eine Lektion vor Kindern wäre sicher schwieriger als ein Penaltyschuss. Davon habe ich schon viele gemacht.»
Ist es realistisch, dass Sie schon früh in der neuen Saison wieder auf dem Eis stehen werden?
Ich gebe in der Reha alles, um möglichst bald wieder fit zu sein. Wann genau das sein wird, kann ich noch nicht sagen. Es wäre schön, gleich zu Beginn mit der Mannschaft auf dem Eis zu stehen, doch das lässt sich nicht planen. Wichtig ist, Schritt für Schritt vorwärtszukommen. Ich schaue nicht weit voraus, sondern nehme es Tag für Tag und freue mich über jeden kleinen Fortschritt.
Der ZSC hält an Ihnen fest und hat Ihren auslaufenden Vertrag nun um ein weiteres Jahr verlängert.
Ich freue mich sehr, dass wir eine gute Lösung gefunden haben. Es zeigt mir das grosse Vertrauen des Sportchefs und des Trainerteams, die genau wissen, wie intensiv ich an meinem Comeback arbeite und wie viel mir der Sport bedeutet. Dieses Vertrauen gibt mir zusätzliche Kraft, jeden Tag alles zu geben, um möglichst bald wieder mit der Mannschaft auf dem Eis zu stehen.
Sie haben gesagt, dass sie trotz der Verletzung nahe beim Team waren und den jungen Spielern Ihre Erfahrungen weitergeben. Wie unterscheidet sich ein 20-jähriger Spieler heute von Ihnen, als Sie in diesem Alter in der Kabine standen?
Ich glaube, jetzt ist alles professioneller geworden. Es ist mehr auf Hockey fokussiert. Es gibt ganz viele neue Tools, die es bei uns damals gar nicht gab. Ich glaube, das hilft den jungen Spielern schon sehr, die nächsten Schritte zu machen.
Wären Sie gerne auch heute ein junger Spieler mit all den neuen Hilfsmitteln?
Das ist schwierig zu sagen. Unsere Generation hatte eine sehr coole Zeit. Heute profitieren die Jungen enorm von der Professionalität im Eishockey und der ZSC-Lions-Organisation.
Können Sie auch von den Jungen noch etwas lernen?
Auf jeden Fall. Im Sport ist man nie ausgelernt. Bei den Jungen kann man sich viel abschauen, ob Energie, Unbekümmertheit oder Spielweise. Das ist das Schöne am Sport.
Das Frauen-Eishockey macht derzeit Fortschritte, auch bei den ZSC Lions. Könnten Sie sich vorstellen, dass Ihre beiden Töchter eines Tages ebenfalls auf dem Eis stehen?
Das müssen sie irgendwann ganz alleine entscheiden, ob sie das wollen. Ob es Eishockey wird, Basketball oder etwas anderes. Hauptsache, sie haben Freude daran. Das ist das Wichtigste.
Ihre Frau arbeitet als Kindergärtnerin. Was würde Sie mehr nervös machen: ein Penalty in einem entscheidenden Playoffspiel oder eine Lektion im Kindergarten?
Ich bin in solchen Situationen eigentlich nicht nervös. Aber eine Lektion vor Kindern wäre sicher schwieriger als ein Penaltyschuss – davon habe ich schon viele gemacht. Eine Klasse zu unterrichten, ist etwas ganz anderes, aber auch etwas, das Spass machen kann.
Seine Karriere in Kürze
Denis Hollenstein stammt aus einer echten Hockeyfamilie: Vater Felix stürmte in den 1990er-Jahren mit dem EHC Kloten zu vier Meistertiteln, seine Cousine Silvana Nötzli ist im Unihockey aktiv. Der heute 35-Jährige durchlief den Nachwuchs des EHC Kloten, spielte zwei Jahre in Kanada bei den Guelph Storm und kehrte danach zu Kloten zurück. Über Genève-Servette, mit dem er 2013 den Spengler Cup gewann, führte ihn der Weg zurück nach Kloten, wo er 2017 den Schweizer Cup holte. Seit 2018 läuft er für die ZSC Lions auf, mit denen er 2024 und 2025 Meister wurde und zusätzlich die Champions Hockey League gewann. Mit der Nationalmannschaft feierte Hollenstein 2013 seinen grössten internationalen Erfolg, als die Schweiz WM-Silber holte.
Kantonsderby auf einen Blick
30. 9. 25: ZSC Lions vs. EHC Kloten 25.10.25: EHC Kloten vs. ZSC Lions 11.1. 26: ZSC Lions vs. EHC Kloten 27.1. 26: EHC Kloten vs. ZSC Lions