Als Ladenpassage gescheitert

Lorenz Steinmann

Nach fünf Jahren Betrieb der Grossüberbauung «The Circle» wirkt die vom Zürcher Niederdorf inspirierte Ladenpassage verwaist. Der Flughafen Kloten versucht sein Glück nun mit dem Konzept «Business-Hub».

Am Montag um 18 Uhr herrschte tote Hose in der verwinkelten Ladenpassage des «Circle» beim Flughafen Kloten. Keine Laufkundschaft und gelangweiltes Ladenpersonal. Viele Verkaufslokale leer oder geschlossen. In den Kommentarspalten von «20 Minuten» ist in Artikeln zum «Circle» von «herzlosem Ambiente» sowie «Grössenwahn» die Rede.
Und: «Die Verknüpfung der beiden Anlagen – also Flughafengebäude und ‹Circle› – ist mangelhaft und unübersichtlich.» Was sind die Gründe für diese miese Stimmung? Diese Zeitung hat sich auf Spurensuche begeben. 

Der Ein-Milliarden-Bau

«The Circle», das ist der Ein-Milliarden-Bau, der vor bald fünf Jahren eingeweiht wurde und einfach nie richtig zum Laufen kam. Die hochtrabenden Ziele eines neuen, belebten Quartiers für Kloten wurden nie erfüllt. Jetzt macht der Flughafen gute Miene zum bösen Spiel und stellt in Aussicht, dass das neue Konzept «Business-Hub» Morgenröte bringe.

Doch warum haben sich die beiden Hauptbesitzer des «Circle» – die Flughafen Zürich AG mit 51 Prozent und der Lebensversicherungskonzern Swiss Life mit 49 Prozent – so verrechnet? Dazu muss man gut 15 Jahre zurückblicken. Damals, um 2010, wurde die Mega-Idee lanciert. Im Regierungsrat sassen Leute wie Finanz­direktorin Ursula Gut-Winterberg (FDP), Baudirektor Markus Kägi (SVP) und Volkswirtschaftsdirektor Ernst Stocker (SVP). Es war eine andere Zeit, lange vor der Coronapandemie, die für einen Boom beim Onlinehandel geführt hat.
Die Schlagworte: Wachstum, Umsatz, Rendite. Man wollte mit der Riesenüberbauung am Rande der bisherigen Flughafengebäude für mehr Einnahmen neben der Fliegerei sorgen. Der Glaspalast mit dem Namen «The Circle» solle den Schweizer Dreh- und Angelpunkt für Kosmopoliten bilden, die sich an Neuem und Aussergewöhnlichem erfreuen, so die Investoren, darunter der Kanton. Es war dann von 2017 bis 2020 die grösste Baustelle der Schweiz. Der japanische Stararchitekt

Riken Yamamoto liess sich bei der Planung von Historischem inspirieren: Der «Circle» solle ein Ort werden wie das Niederdorf mit seinen Gassen und Plätzen.
«In einer durchdachten Infrastruktur treffen gehobene Angebote auf einen weltgewandten Lebensstil», zitierte dazu die «Aargauer Zeitung» 2021, gut ein Jahr nach der Eröffnung des Bauwerks, in einem Artikel die Promotoren. Schon damals warnten die Autoren aber vor einem wirtschaftlichen Flop. 

Heute ist von der Aufbruchstimmung kaum mehr etwas zu spüren. Der ehemalige Ankermieter Jelmoli hat dichtgemacht, der Kleideranbieter Bayard ist ausgezogen. Viele Gastrobetriebe machen am Wochenende gar nicht mehr auf. Dafür hat es Mieter wie das Unispital oder den Technologiekonzern Ruag, welche schlussendlich die öffentliche Hand mitbelasten.
Ist die Idee eines neuen Stadtquartiers von Kloten gescheitert? Die Flughafen ­Zürich AG und die Swiss Life geben sich wortkarg. Mieterwechsel werden jeweils scheibchenweise und immer wohlverpackt in positive PR-Sprache kommuniziert. Dabei ist der Kanton Zürich mit gut 33 Prozent der Aktien Hauptaktionär der Flughafen Zürich AG, die Stadt Zürich dahinter grösster Einzelaktionär mit 5 Aktien-Prozenten. Finanziell geht es zumindest dem Kanton aktuell schlecht. So wird etwa bei Schulhausbauten gespart. Doch beim «Circle» zieht die Medienstelle des Flughafens «nach bald fünf Jahren Betriebszeit ein positives Fazit». Die hohe Auslastung in Bereichen wie Büroflächen, Hotellerie und Gesundheitswesen bestätige, dass das Konzept funktioniere. «Wir sind damit sehr zufrieden.» Nicht erwähnt in der Antwort wird selbstredend der Bereich Verkaufsläden.
Trotzdem sind die Betreiber überzeugt, dass sich der «Circle» etabliert hat. «Als Dienstleistungs- und Geschäftszentrum belebt der ‹Circle› die Region durch seine Funktion als Arbeitsort für rund 5000 Menschen, durch hochwertige Gastronomie, die beiden Hotels von Hyatt und das Kongresszentrum sowie die Gesundheitsdienstleistungen unter anderem des Unispitals.»

Gastrobetriebe am Wochenende zu

Und was passiert mit den vielen zur Zeit leer stehenden Ladenflächen? «Für die freigewordene Fläche von Bayard führen wir aktuell Gespräche mit Mietparteien. Für die ehemalige Fläche von 7th Space wurde bereits ein Nachmieter gefunden. Die Eröffnung ist für Anfang 2026 geplant.» Und: Auf der ehemaligen Neuroth-Fläche werde Mitte 2026 das SAP Experience Center eröffnet. 
Fachleute hingegen sagen, dass die ­Ladenpassage ohne Ankermieter auf verlorenem Posten stehe. Die Medienstelle dazu: «Der ‹Circle› ist kein Hochfrequenz-Standort und ist daher für klassischen ­Retail nicht gleich attraktiv wie etwa das Airport Shopping Center.»

Wenig Sorgen macht sich die Flughafen AG zudem, wenn Mieter wie Sapori, Prêt à Manger und Rice Up! ihre Läden am Wochenende schliessen. «Infolge der geschärften Ausrichtung des ‹Circle› als Geschäfts- und Dienstleistungszentrum hat sich gezeigt, dass die Nachfrage nach den erwähnten Gastronomiekonzepten am Wochenende aktuell geringer ist.»
Gemäss dem Flughafen soll der «Circle» künftig ein Business-Hub werden. Doch Büros hat es in der Flughafenregion schon mehr als genug. «Die Mieter schätzen die zentrale Lage, die hervorragende Erreichbarkeit und die hochwertige Infrastruktur – diese machen den ‹Circle› zu einem einmaligen Arbeitsort und attraktiven Standort für Unternehmen. Die Auslastung von über 90 Prozent bestärkt uns darin, auf dem richtigen Weg zu sein.» So betont die Medienstelle, dass man sich «auch heute wieder für dieses Projekt entscheiden» würde.

Gwunderbrunnen

19.12.2025 - 14:00
28.11.2025 - 14:00
31.10.2025 - 14:00
29.09.2025 - 14:00
26.09.2025 - 14:00
25.09.2025 - 09:00
22.09.2025 - 14:00
Zur Agendaübersicht