Wahre Liebe kennt Hindernisse
Mit dem Programm «Paarcours d’amour» des Kolumnistenpaares Sybil Schreiber und Steven Schneider konnte das Kleintheater Mettlen den Saal bis auf den letzten Platz füllen. Geboten wurde geistreiche Comedy aus dem Ehealltag.
«Lange Jahre des Zusammenlebens sind kein 100-Meter-Sprint, sondern ein 3000-Meter-Hindernislauf mit Hürden und Wassergraben, mit Bauchlandungen und Seitenstechen.» So schildern Sybil Schreiber und Steven Schneider ihren Ehealltag, den inzwischen wohl die meisten Schweizerinnen und Schweizer kennen, legen sie ihn doch seit bald 25 Jahren in ihrer Kolumne in der «Coopzeitung» dar. Mit ihren kleinen Missverständnissen und Ärgenissen aus dem Ehealltag halten sie so manchem gestandenen Paar den Spiegel vor die Augen. Die Erkenntnis, dass es in anderen Ehen ganz ähnlich läuft, ist wohl das Geheimnis des grossen Erfolgs des Kolumnistenpaares.
Stand-up-Comedy im Sitzen
Dass es zwei Personen schaffen, zwei Stunden lang an einem Tisch zu sitzen, über ihre kleinen und grösseren Stolpersteine im Ehealltag zu sprechen und damit das Publikum wunderbar zu unterhalten und zum Lachen zu bringen, ist schon hohe Comedy-Schule. Dabei sind die beiden absolut keine «Chiflers», die sich gehässig gegenseitig Vorwürfe an den Kopf schleudern. Nein, ihre Dialoge können zwar bissig sein, sind aber getragen von gegenseitigem Respekt und viel Humor. Und den braucht es gemäss Schreiber und Schneider auch, um den «Paarcours d’amour» ein gemeinsames Leben lang zu überstehen. Zugegeben, Sybil Schreiber ist als Deutsche mit geschliffenem Mundwerk Steven Schneider, dem Halbitaliener, wie er stolz betont, mit dem gemütlichen Schweizerdialekt verbal überlegen. Mit grosser Mimik und Gestik spricht er über seine Empfindlichkeiten, wird von ihr aber nicht selten mit einem knappen Satz mundtot gemacht. Zum Beispiel, als er verspricht, vermehrt in sich zu gehen, lautet ihre Antwort: «Ist ja auch kein weiter Weg.»
Die Themen, die in ihrem Ehealltag für Diskussionen sorgen, sind vielschichtig und oft banal. Da ist zum Beispiel der WC-Rollen-Vorrat, den sie pflichtbewusst auf dem nötigen Stand hält und nachfüllt. Fällt ihr Blick das nächste Mal darauf, stehen dort anstelle von WC-Rollen leere Kartonrollen. «Was kann ich dafür, wenn du die Packungen immer wieder an einem anderen Ort aufbewahrst?», wehrt er sich.
Und wo bleibt die Liebe?
Und da ist natürlich auch das Thema Liebe. «Ich war wahnsinnig verliebt in dich», erzählt Steven Schneider von den Anfängen ihrer Beziehung. «Du warst ...?», lautet ihre entgeisterte Antwort. Ihre Liebe haben die beiden in eine Skala von 1 bis 10 eingeteilt, wobei das täglich schwanken kann. «Die Liebe wandelt sich. Es gibt Pilztage, die hinterlassen eine Spur der Verwüstung», sagt sie. «Dann weiss ich nicht mehr, ob ich ihn liebe, und frage ihn, ob er mich noch liebe.» – «Die Antwort muss in einem solchen Fall punktgenau sein», meint er. «Sie sagt: ‹Ich liebe dich›, es kommt wie ein Sprühregen. Ich bin dann auf der Skala gerade auf einer 4 und sage deshalb, sie solle morgen nochmals fragen. Das war ein falsches Timing. Oder ich sage: ‹Ich dich auch.› Aber das akzeptiert sie nicht.» Deshalb sein Tipp an das Publikum: «Sagen Sie in einem solchen Fall einfach: ‹Dito.›»
Sybil Schreiber ist 1963 in München geboren, besuchte nach dem Gymnasium eine Schauspielschule, machte eine Ausbildung zur Modedesignerin und arbeitete danach als Redaktorin für verschiedene Schweizer Zeitschriften und Zeitungen. Steven Schneider ist ausgebildeter Lehrer, der nach einer Auszeit in Oman zum Journalismus kam und bei der «Schweizer Familie» Sybil Schreiber kennenlernte. Seit 1999 schreiben die beiden regelmässig Kolumnen aus ihrem Ehe- und Familienalltag mit den beiden erwachsenen Töchtern. Inzwischen sind die beiden nebst den Kolumnen auf den Bühnen der Schweiz gefragt, haben mehrere Bücher veröffentlicht und podcasten regelmässig. Mehr Infos auf www.schreiber-schneider.ch.
Den Auftritt am vergangenen Freitag im Singsaal der Schule Mettlen verzeichnet Kathrin Ballimann von der Kulturkommission Opfikon als grossen Erfolg für das Kleintheater Mettlen. «Wir sehen mit diesem Programm, wohin der Weg künftig laufen soll.»
Nächster Theaterabend: Freitag, 28. März, 19.30 Uhr, Cenk: «Ratlos»: www.opfikon.ch/progarch