Die «Wunderkammer» zündet ihr letztes Experimental-Feuerwerk

Roger Suter

Ein letztes Mal hallt kommenden Sonntag elektronische Musik durch die Wunderkammer im Glattpark: Es wird der allerletzte Event des waghalsigen und kontrovers diskutierten Kulturprojektes auf der Brache sein. Danach wird sie geräumt und bebaut.

Normalerweise brauchen Konzerte eine gewisse Vorlaufzeit; manche Bands und Musiker sind auf Monate ausgebucht. Doch für Vesna Tomse stellen manche ihr Programm auf den Kopf, um beim letzten Musik-Event «ihrer» Wunderkammer dabei zu sein. Denn diese vier «All Stars», wie Vesna Tomse sie nennt, gehören zu den Urgesteinen, welche den experimentellen Ort am Rande des Glattparks zum Klingen gebracht haben.

Elektrovog zum Beispiel: Komponist und Medienkünstler Raimund Vogten­huber fügt seinen modularen Synthesizern, Tapeloops, Granulatoren und Noiseboxen mobile Lautsprecher u nd Klangobjekte im Publikumsraum hinzu. Das live generierte Klangmaterial macht die Klänge physisch und den Raum selbst zu einem Instrument.

Auch das Duo Fresco/Sommer spielt seine Klanginstallation «Glas- und Porzellanabteilung» von 2021 life, bringt Gläser und Porzellanobjekte auf präparierten Tischen zum Vibrieren und Klingen.

Dave Phillips «Field recordings» hingegen sind rohe Tonaufnahmen von Insekten, Amphibien, Wetterphänomenen und anderen nichtmenschlichen Klangquellen, die er ohne Effekte oder sonstige Klangmanipulation zu einer Komposition verwebt.

Blockflöte und eine hohe Mauer

Dominik Blum am Analog-Synthesizer und der Blockflötist Alex Riva alias «Irlumb» improvisieren frei und lassen dabei die rohen und derart unterschiedlichen Klänge aufeinanderprallen, «um sich in immer höheren Sphären in fein geschliffener Raserei zu verzehren», wie es die Wunderkammer treffend ankündigt. Liebhaber von Free Jazz, experimenteller und Neuer Musik, die auch offen sind für Musikpraktiken aus aller Welt, kommen hier auf ihre Kosten.

Nicht physisch dabei, aber mit ihren Klängen vertreten sind Annette Schmucki und Petra Ronner alias «band». Auch sie sind alte Bekannte der Wunderkammer, waren sie doch bereits 2020 am «Kunstdreieck»-Festival zu Gast, das teilweise auf der Glattpark-Brache stattfand. Die Hörstücke handeln vom wilden Garten von Jean-Henri Fabre (1823–1915), um den der Insektenforscher und Autor eine hohe Mauer errichtet hat, um ihn vor der ordentlichen, aber artenarmen Zivilisation zu schützen – «auch ein passendes Bild zur wildwüchsigen Wunderkammer», findet Vesna Tomse. Passend unterlegt werden die Klänge mit kurzen Videos zur Geschichte der Wunderkammer, die die Initiatorin und Betreiberin vom Beginn an und bis am Schluss dokumentiert hat.

Den Abschluss macht dann Jordi Fresco. Der Musiker, Klangkünstler und DJ ist zwar bekannt für Baile Funk (die Musik der brasilianischen Armenviertel, der Favelas), doch diesmal hat er seine exzellente Sammlung experimenteller Klänge dabei. «Einen würdigeren Abschluss des Experimentalabends und der Kultur in der Wunderkammer kann man sich kaum vorstellen», vermutet man auf der Website.

Damit findet die Geschichte der «Wunderkammer auf der Glattparkbrache, die 2016 begann, ihren Abschluss. Mit viel Herzblut veranstaltete Vesna Tomse in dieser Zeit Events zum Zuhören und Mitmachen, gründete einen Trägerverein und gestaltete die Landschaft – physisch wie auch im übertragenen Sinn.

So, 21. Dez., 18 Uhr: Ein letztes Experimental-Feuerwerk: https://wunderkammer-glattpark.ch

Gwunderbrunnen

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