«Das ist der beste Sport überhaupt!»

Roger Suter

Mit YS Pole hat sich Simone Mumbauer ihren Traum vom eigenen Studio erfüllt. Im Herbst kam noch ein unerwarteter hinzu: ein Weltmeistertitel in der gleichermassen athletischen wie ästhetischen Sportart Pole Sports.

Im Gegensatz zu den vielen offenen Schaufenstern am Boulevard Lilienthal verwehren hier weisse Vorhänge den Blick ins Innere. Tritt man ein, trifft man auf eine Garderobe, einen kleinen Tresen mit Getränken – und einen grossen, hohen Raum mit Holzboden, weiss gestrichenen Wänden und einem knappen Dutzend glänzender Stangen vom Boden bis zur Decke auf 4 Metern Höhe. Das sind die «Poles» (englisch ausgesprochen). Und sie sind seit gut fünf Jahren das Sportgerät von Simone Mumbauer. An diesen Stangen vollführt sie akrobatische Kunststücke, mal schnell, mal langsam, aber immer elegant.

Die 41-jährige gebürtige Deutsche kam relativ spät auf den Geschmack: Sie war Sportgymnastin und sowie Profi-Tänzerin (etwa deutsche und Europameisterin im Showdance und Jazz Dance), hat mit Kindern trainiert und «Pole and Aerial Sports» – so lautet der korrekte Begriff –  mal in einem Studio ausprobiert. «Und nach nur einer Stunde fand ich: Das ist der beste Sport überhaupt!»

Die Kombination aus Kraft, Körperkontrolle und Flexibilität, mit  Elementen aus Tanz, Gymnastik und Kunstturnen, fasziniert die Sportlerin nach wie vor.

Was ihr ebenfalls gefällt: Die Stimmung – in den Trainingsstunden genauso wie an den Wettkämpfen – ist sehr kollegial. «Es herrscht kaum Konkurrenzkampf, alle unterstützen sich gegenseitig.», hat Simone Mumbauer festgestellt, «auch wenn man an der Stange ja eigentlich allein ist.»

Mehrere Jahre trainierte sie sich und andere im YS Pole Studio im Glattpark und ergriff im April 2024 die Gelegenheit, dieses zu übernehmen. Zusammen mit ihrer Kollegin Viktoria Kulyk, die aus der Ukraine stammt, reifte bis Ende 2024 die Idee, an Wettkämpfen teilzunehmen. Und ihre Ziele steckten sie sich nicht eben tief: Neben der Einzel-Disziplin haben sie sich auch für Artistic Aerial Pole Doubles vorbereitet (zwei Sportlerinnen an zwei Stangen oder im Aerial Pole an nur einer Stange).

Fünf Geräte, neun Disziplinen

Insgesamt gibt es in dieser Sportart fünf Sportgeräte: Zum ersten die Pole aus Chromstahl oder Messing, oben und unten verankert, wobei es zwei Arten von Stangen gibt: eine statische und eine, die sich um die eigene Achse drehen kann. Die zweite Variante ist die «Flying» oder «Aerial Pole», eine Stange, die unten frei schwingen kann. Als Drittes gibt es den Hoop (Ring) und als Viertes das Vertikaltuch, das man hin und wieder im Zirkus bewundern kann.

Zusammen mit den Subdivisionen in Wettkämpfen, die mal mehr Gewicht aufs Sportliche oder Ästhetische legen, ergeben sich so 9 Disziplinen.

Simone Mumbauer hat sich dabei im Einzel auf «Pole Sports» konzentriert und zusammen mit Viktoria Kulyk «Artistic Aerial Pole Doubles» trainiert. Für die Choreografien, aber auch fürs Technische haben sich die beiden ambitionierten Sportlerinnen Hilfe bei Kim Gartmann in Basel geholt: Sie wurde 2024 Weltmeisterin. «Das Regelwerk, welches die Richterinnen und Richter im Solowettkampf anwenden, ist über 200 Seiten dick», weiss Simone Mumbauer. Schwierig, da jedes Detail zu kennen. Und es geht mitnichten nur um Figuren und ihre Ausführung: «Vor einem Wettkampf habe ich während 30 Sekunden Gelegenheit, die Pole zu testen, denn nicht jede Stange ist gleich», erläutert Simone Mumbauer. «Danach habe ich eine Minute Zeit, sie für die Nachfolgerin zu putzen. Ist sie dennoch nicht sauber, kostet mich das 5 Punkte Abzug – und das ist viel!»

Neben den Stunden in Basel oder auch als Online-Lektionen trainierte Simone Mumbauer fünf oder sechs Mal die Woche, was auch dank eines 60-Prozent-Pensums und eines tollen Arbeitgebers zu bewerkstelligen war. Die Hauptprobe fand dann im YS Studio im Glattpark statt, vor einem Teil und unter dem Beifall der gut 80 Schülerinnen und Schüler.

Ihr Ziel waren die Top Ten

So vorbereitet traten Simone Mumbauer und Viktoria Kulyk  im Mai an der Schweizer Meisterschaft an – und gewannen sowohl den Einzel- als auch den Double-Wettkampf. So lösten sie das Ticket für die WM der International Pole & Aerial Sports Federation im Oktober in Buenos Aires, Argentinien.

Die Schweizer Delegation bestand aus rund 30 Personen, vor allem aus der Westschweiz, wo der Sport populärer ist als hier. Simone Mumbauers Solowettkampf  in der Kategorie 40+ Women fand am Donnerstag statt. «Ich erreichte unter den 16 Teilnehmerinnen Platz 5 und war überglücklich damit», erzählt sie; ihr Ziel waren die Top Ten gewesen.

Am Samstag, dem zugleich letzten Wettkampftag, folgte der Wettbewerb im Double – und hier räumten die beiden Newcomerinnen ab: Sie holten nicht nur den WM-Titel, sondern erreichten auch noch den Weltrekord nach Punkten. «Wir standen zusammen mit den anderen vier bestplatzierten Paaren auf der Bühne und erhielten unsere Resultate via Lautsprecher», beschreibt Simone Mumbauer die nervenaufreibende und auch unerwartete Situation. Umso grösser war dann die Überraschung, dass sie nicht nur gewonnen hatten, sondern auch noch mit der höchsten an einer WM je erreichten Punktzahl. «Das war ein sagenhaftes Erlebnis.»

Ob sie nächstes Jahr noch einmal antreten wird, weiss sie noch nicht: «Ich geniesse diesen Moment einfach.»

Die Simone Mumbauer und Viktoria Kulyk mit ihrer Double-Vorführung bei den Schweizermeisterschaften. 

Simone Mumbauers Einzel-Programm an den Schweizermeisterschaften

Informationen: simonemumbauer.com, https://poleaerialsports.tv/athlete/simone-mumbauer

Gwunderbrunnen

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