Der Eisvogel ist der Vogel des Jahres 2026
Die Naturschutzorganisation Birdlife Schweiz hat die Bevölkerung dazu aufgerufen, den Vogel des Jahres 2026 zu wählen: Durchsetzen konnte sich – ganz knapp – der Eisvogel. Konkurrenz machte ihm die Wasseramsel, mit der er das Jagdgebiet gemeinsam hat.
Auch dieses Jahr hat die Naturschutzorganisation Birdlife Schweiz die Bevölkerung eingeladen, den «Vogel des Jahres» zu wählen. Über 18 000 Naturinteressierte machten gemäss einer Medienmitteilung mit und gaben Ihrem Lieblingsvogel die Stimme. Gesucht worden sei ein «Botschafter für naturnahe Fliessgewässer» und das Rennen sei bis zur letzten Sekunde «hochspannend» gewesen.
Der Eisvogel gewann das Rennen mit 30,47 Prozent der Stimmen. Zweitplatzierte ist die Wasseramsel mit nur 53 Stimmen weniger (30,19 Prozent). Es folgen die Gebirgsstelze (16,37 Prozent), der Flussregenpfeifer (12,57 Prozent) und die Uferschwalbe (10,40 Prozent).
Lebensraum an klarem Wasser
Der Eisvogel steht für klare Flüsse, Auen, intakte Natur und Lebensräume voller Dynamik. «Er bewohnt das ganze Jahr über langsam fliessende oder stehende Gewässer wie Bäche, Flüsse, Altarme, Auenlandschaften und Seen», schreibt Birdlife Schweiz. Entscheidend für ihn sind ein reicher Bestand an Kleinfischen, klares Wasser sowie genügend Sitzwarten wie Äste, Schilfhalme oder Steine.
Zur Brutzeit ist der farbenprächtige Vogel zudem auf ungestörte, vegetationsfreie Steilwände angewiesen, in denen er seine Bruthöhle anlegt. Dafür braucht das Eisvogel-Paar eine senkrechte oder leicht überhängende Wand aus lehmiger Erde oder festem Sand. Solche natürlichen Uferabbrüche, die früher durch Hochwasser und natürliche Gewässerdynamik regelmässig neu entstanden, sind heute selten geworden, weil der Mensch die Flüsse systematisch verbaut und betoniert hat.
Der Eisvogel lebt hauptsächlich von kleinen Fischen und ist für seinen pfeilschnellen Flug über das Wasser bekannt. Zum Jagen setzt er sich auf eine Warte an einem fischreichen Gewässer. Hat er einen Fisch entdeckt, stürzt er sich blitzschnell kopfüber ins Wasser. «Die maximale Tauchtiefe liegt bei etwa einem Meter», heisst es in der Mitteilung. Er packt seine Beute mit dem langen Schnabel, taucht wieder auf und fliegt auf eine nahe Sitzwarte zurück, wo er sie Kopf voran verschluckt. Pro Tag frisst er bis zu 35 Prozent seines Körpergewichts an Fischen, die meist vier bis sieben Zentimeter lang sind.
Bestand erholt, aber fragil
Der Eisvogel ist laut Birdlife Schweiz hierzulande selten und steht aufgrund seines kleinen Bestands auf der Roten Liste der vom Aussterben bedrohten Arten. Sein Bestand hat sich in den letzten Jahren leicht erholt und liegt aktuell bei 400 bis 500 Brutpaaren. Dies dürfte an den milderen Winter liegen, denn ein strenger Winter kann die Population stark einbrechen lassen. Viele Eisvögel verhungern, wenn Gewässer grossflächig zufrieren und er nicht mehr an seine Nahrung gelangt. Das grösste Problem für den Eisvogel ist jedoch ein Mangel an geeigneten Lebensräumen. Fast alle grossen Fliessgewässer und viele kleine wurden in der Schweiz kanalisiert, verbaut oder gar eingedolt. Für den Schutz des Eisvogels ist es entscheidend, natürliche Lebensräume mit einer eigenen Dynamik zu erhalten oder wieder zu schaffen. Hochwasser sollen wieder Prallhänge anreissen, Kiesbänke hinterlassen und Altläufe bilden dürfen. Solche natürlichen Prozesse sind für Fische, Amphibien, Libellen und viele weitere Wassertiere und damit auch für den Eisvogel überlebenswichtig. So steht der Eisvogel auch als Symbol für die ganze Gewässerbiodiversität, die besonders bedroht ist.
Neue Lebensräume schaffen
In der Schweiz werden Fliessgewässer renaturiert, das ist zentral. Gemeinsam mit Birdlife-Naturschutzvereinen ist auch Birdlife Schweiz bei der Revitalisierung von Bächen tätig, um ihnen Stück für Stück wieder mehr Platz zu geben. «Und wir begleiten Flussrevitalisierungen mit Fachwissen und Beratung. Viele Kantone sind jedoch bei den Revitalisierungen deutlich im Rückstand, und dieses Beispiel zeigt einmal mehr: Naturschutz braucht einen sehr langen Atem», schreibt die Naturschutzorganisation in ihrer Mitteilung weiter.
Um dem Eisvogel neue Brutmöglichkeiten zu bieten, werden künstliche Brutwände errichtet oder geeignete Steilwände freigestellt. Birdlife ist laut Communiqué in vielen Regionen aktiv, etwa in den Birdlife-Naturzentren in La Sauge im Kanton Waadt, am Klingnauer Stausee im Kanton Aargau und im Neeracherried im Kanton Zürich. Birdlife leistedamit einen konkreten Beitrag zum langfristigen Schutz des Eisvogels.
Dem Eisvogel auf der Spur
Wer wissen will, wo zuletzt Eisvögel gesichtet worden sind, sollte einmal einen Blick auf die Vogel-Beobachtungsplattform ornitho.ch werfen. Demnach wurde der Eisvogel zum Beispiel am Türlersee, bei den Katzenseen oder im Neeracherried gesehen. Mit der Renaturierung der Glatt könnten dort Eisvögel ebenfalls wieder heimisch werden. (pat.)